Hilfswerk missio prangert Christenverfolgung in Pakistan an

"Christen sind traumatisiert und benötigen Hilfe"

Immer wieder werden Kirchen und Häuser von Christen in Pakistan attackiert. Das katholische Hilfswerk missio ruft am UN-Gedenktag für Opfer von religiöser Gewalt zum Kampf gegen die Unterdrückung auf. Die Not der Christen sei groß.

Eine wütende Menschenmenge hat in Pakistan Mitte August mehrere Kirchen angegriffen / © Avid Waqar (dpa)
Eine wütende Menschenmenge hat in Pakistan Mitte August mehrere Kirchen angegriffen / © Avid Waqar ( dpa )

DOMRADIO.DE: Als internationales Hilfswerk stehen Sie im engen Kontakt mit Ihren Partnern in Pakistan. Wie ist denn im Moment die Situation für die Christen?

Katja Voges (Referentin für Menschenrechte und Religionsfreiheit bei missio Aachen): Die Situation ist seit einer Woche sehr unruhig. Wir bekommen von unseren missio-Partnerinnen und -Partnern Bilder, Videos, Nachrichten und Aufforderungen, zu unterstützen. Das sind ganz schockierende Bilder.

Letzten Mittwoch gab es den Höhepunkt, als Angriffe und Ausschreitungen in verschiedenen Städten erfolgt sind. Aber diese Angriffe haben dafür gesorgt, dass viele Christen rechtzeitig geflohen sind. Jetzt ist die Phase, wo die Leute zurückkehren und das Ausmaß der Zerstörung wahrnehmen und in Angst sind, dass so was noch einmal passieren kann. Sie sind traumatisiert und benötigen Hilfe.

Katja Voges

"Jetzt ist die Phase, wo die Leute zurückkehren und auch das Ausmaß der Zerstörung wahrnehmen. Sie sind traumatisiert und benötigen Hilfe."

DOMRADIO.DE: Es sind erhebliche Zerstörungen erfolgt. Es hat ja nicht nur Kirchen getroffen, sondern auch Wohnhäuser von Christen. Wie können Sie diese Menschen als Hilfswerk unterstützen?

Voges: Wir unterstützen mehrere Partner vor Ort, die jetzt aktiv sind, wie die Caritas. Die ist für die Menschen da und schaut, was sie an ganz grundlegenden Dingen tun kann: Essen verteilen, vor Ort sein, Leute, die schwer traumatisiert sind, auch psychologisch unterstützen. Diese Dinge laufen aktuell schon und da sind wir auch im engen Austausch mit den missio-Partnern.

Jugendliche stehen vor einer Kirche, die beschädigt und niedergebrannt wurde / © Muhammad Shafqat (dpa)
Jugendliche stehen vor einer Kirche, die beschädigt und niedergebrannt wurde / © Muhammad Shafqat ( dpa )

DOMRADIO.DE: Der Vorsitzende der pakistanischen katholischen Bischofskonferenz fordert nach den Übergriffen harte Strafen. Bislang habe es keine Gerechtigkeit gegeben, sagt er. Sind denn religiöse Minderheiten nach wie vor schlecht in Pakistan geschützt?

Voges: Es gibt in Pakistan unterschiedliche islamistische, extremistische Bewegungen und Parteien, die sehr starken Druck machen, die auch einen möglichen besseren Schutz für religiöse Minderheiten immer wieder verhindern. Das heißt, es gibt von den Partnern die politische Forderung, dass sich daran etwas ändert und auch die Bitte, dass wir das unterstützen und dafür sorgen, dass international Aufmerksamkeit und Druck aufgebaut wird.

Katja Voges

"Es geht darum, dass dem Missbrauch der Blasphemie-Gesetze entgegengewirkt wird."

DOMRADIO.DE: Dennoch ist es nach wie vor so, dass Pakistan ein streng muslimisches Land mit einem entsprechenden Blasphemie-Paragrafen ist. Man hört immer wieder, dass dieser oft genug zum Vorwand genommen wird, um gegen Christen oder andere Minderheiten vorzugehen. Warum unternimmt die Regierung nichts dagegen?

Voges: Die Religionsfreiheit schützt in erster Linie nicht Religionen, sondern Individuen. Dieses Blasphemie-Gesetz besagt, dass die Schändung des Korans und die Verunglimpfung des Propheten Mohammed stark bestraft werden. Es ist ein selektives Blasphemie-Gesetz, was sich nur auf den Schutz einer Religion bezieht. Das ist hochproblematisch.

Es gibt immer wieder Versuche und Forderungen, diese Blasphemie-Gesetze abzuschaffen. Aber das wird von extremistischen Parteien und Bewegungen direkt blockiert, indem sie Druck machen, auf die Straße gehen und so weiter. In gewisser Weise ist das für die Regierung, selbst wenn sie etwas unternehmen möchte, eine sehr schwierige Aufgabe.

 © Caritas Pakistan Faisalabad
© Caritas Pakistan Faisalabad

Insofern ist die Forderung der meisten Menschenrechtsorganisationen und auch unserer Partner vor Ort nicht in erster Linie, die Blasphemie-Gesetze ganz abzuschaffen, weil sie der Meinung sind, dass es unrealistisch ist, dass das in den nächsten Jahren gemacht wird.

Vielmehr geht es darum, dass dem Missbrauch der Blasphemie-Gesetze entgegengewirkt wird, also geschaut wird, an welcher Stelle die Anschuldigungen haltlos sind. Wo geht es nur darum, Nachbarschaftsfehden auszutragen, andere und religiöse Minderheiten grundlos zu beschuldigen? Das ist das größte Anliegen.

DOMRADIO.DE: An diesem Dienstag ist der UN-Gedenktag für Opfer von religiöser Gewalt. Sie haben sich als Hilfswerk intensiv mit der Situation der Christen in Pakistan auseinandergesetzt. Wie versuchen Sie jetzt, mit diesem Problem zukünftig umzugehen?

Voges: Wir sind auf verschiedenen Ebenen aktiv. Aktuell haben wir noch eine Kampagne zum Thema Zwangsehe und Zwangskonversion. Das ist auch ein Verbrechen in Pakistan. Da rufen wir noch zur Unterschrift unserer Petition auf, die dann an den Bundesbeauftragten für Religionsfreiheit, Frank Schwabe, geht.

Was die aktuellen Ausschreitungen angeht, sind wir in diesen Tagen dabei, eine "Urgent Aktion" auf den Weg bringen. Dort werden wir wieder darauf angewiesen sein, dass uns Leute unterstützen, dass Briefe direkt an bestimmte politische Stellen in Pakistan und auch an die pakistanische Botschaft in Berlin gehen.

Denn wir glauben, dass diese internationale Aufmerksamkeit über die politische Schiene was bewirken kann.

Das Interview führte Mathias Peter.

Das Hilfswerk missio

Das Internationale Katholische Missionswerk missio mit Sitz in Aachen und München ist eines von weltweit mehr als 100 Päpstlichen Missionswerken. Missio München ist das Missionswerk der bayerischen, missio Aachen das der anderen deutschen Bistümer. Das Wort missio kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Sendung.

 (KNA)
Quelle:
DR