Hochschulpfarrer unterstützt Erstsemester

"Für viele ist die Lage prekär"

Das Studium bietet zahllose Chancen – aber auch Herausforderungen, wie etwa Wohnungsnot. Diese Erfahrung müssen im nun startenden Wintersemester wieder einige Erstsemester machen, sagt Hochschulpfarrer Klaus Thranberend.

Studenten in einem Hörsaal / © Uwe Anspach (dpa)
Studenten in einem Hörsaal / © Uwe Anspach ( dpa )

DOMRADIO.DE: Was sind denn die größten Sorgen und Probleme, mit denen Sie zu kämpfen haben?

Klaus Thranberend (Hochschulpfarrer an der katholischen Hochschule Köln): Das größte Problem hier in Köln ist für viele Erstsemester, erst einmal eine Wohnung oder ein Zimmer zu finden. Für die jungen Menschen, die teilweise vom Land kommen, ist das in so einer doch erst mal anonymen Großstadt eine große Herausforderung. Menschen, die bei uns aufschlagen, suchen vor allem Wohnungen.

DOMRADIO.DE: Wie können Sie da helfen?

Thranberend: Wir haben eine Notschlafstelle für Erstsemester eingerichtet, um große Notlagen zu vermeiden. Sie können erst einmal die ersten drei Wochen hierbleiben und übernachten. Wer von weiter weg kommt, kann untertags so erst einmal eine Wohnung suchen. Aber nicht nur das. Sie müssen sich jenseits der Universitäten und Fakultäten erst einmal irgendwie orientieren.

DOMRADIO.DE: Sie selbst bieten psychosoziale Beratung und Beratung in religiösen Fragen an. Wie sieht das genau aus?

Thranberend: Beratung ist bei uns ein wichtiges Standbein. Man muss sagen, dass die Situation für viele immer prekärer und instabiler wird. Wir merken, dass soziale Strukturen auch hier in Köln immer weniger werden. Und es ist für viele gar nicht so einfach, damit zurechtzukommen. Sie müssen mit den Anforderungen des Studiums arbeiten und haben gleichzeitig immer weniger sozialen Rückhalt. Dabei fragen sich viele: Wer bin ich denn? Wer will ich denn sein und wie finde ich mich mit den Realitäten zurecht? Und da beraten wir die jungen Studierenden.

DOMRADIO.DE: Und Ihre Beratung ist konfessionsunabhängig, oder?

Thranberend: Ja. Unsere Beratung ist konfessions- und religionsunabhängig und übergreifend. Jeder kann mit seinen ganz eigenen Problemen kommen. Es kommen zum Beispiel auch viele Studierende, die Beratung in finanziellen Notlagen suchen. Viele Situationen sind für die Studierenden sehr prekär. Und da wollen wir helfen - fernab von irgendwelchen Weltanschauungen.

DOMRADIO.DE: Wie ist der Zulauf?

Thranberend: Das ist unterschiedlich. Natürlich wird es immer weniger, dass junge Menschen so eine kirchlich-religiöse Organisation als erstes aufsuchen. Da muss die Notlage schon sehr groß sein. Aber viele, die irgendwie kirchlich geprägt sind, kommen schon. Man merkt, so langsam geht es los. Es kommen schon einige Leute zu Veranstaltungen. Zu den Beratungs- und den helfenden Angeboten kommen sehr viele.

DOMRADIO.DE: Sie haben sogar zu der Frage der Relevanz kirchlichen Handelns an Hochschulen getagt. Was ist herausgekommen? Hat kirchliches Handeln an Hochschulen noch Relevanz?

Thranberend: Erst einmal gibt es kein klares Ergebnis, sondern das bleibt ein Prozess. Man muss an den Bedürfnissen des Klientels bleiben. Also: Was brauchen die Menschen? Wo können wir etwas tun? Wo sollen wir was tun? Und wo müssen wir was tun? Es geht nicht darum, zu gucken, was wir als Kirche brauchen, sondern: Was brauchen die Studierenden?

DOMRADIO.DE: Ein Aspekt Ihrer Tagung war, dass immer mehr Studierende aus dem Ausland kommen. Welche Rolle spielt denn die Herkunft der Studierenden bei Ihrer Arbeit?

Thranberend: Gar keine. Die Trennung zwischen ausländischen und inländischen Studenten versuchen wir ganz klar zu überbrücken. Es sind alles Studenten und alle versuchen, hier für kurze Zeit Heimat oder irgendwas anderes zu finden. Auch das gilt ohne Ansehen der Person.

Das Interview führte Aurelia Rütters.


Die eigene Stärke müsse immer in Beziehung gesetzt werden, interpretiert Pfarrer Thranberend die biblische Geißbockgeschichte. / © Beatrice Tomasetti (DR)
Die eigene Stärke müsse immer in Beziehung gesetzt werden, interpretiert Pfarrer Thranberend die biblische Geißbockgeschichte. / © Beatrice Tomasetti ( DR )
Quelle:
DR