Hoffen auf Fortschritte der UN-Konferenz in Bonn

Wettlauf gegen das Aussterben

Mehr als 15 Millionen Tier- und Pflanzenarten bevölkern die Erde. Mit jedem Tag werden es weniger. Nachdem im vergangenen Jahr der Klimaschutz die internationale Politik dominierte, fordern Naturschützer nun mehr Engagement für den Artenschutz. Hören Sie im domradio-Interview Markus Nipkow vom Naturschutzbund Deutschland.

 (DR)

Konkrete Schritte soll die 9. UN-Konferenz über biologische Vielfalt vom 19. bis 30. Mai in Bonn bringen. Die Artenschützer sehen sich nicht als versponnene Naturliebhaber, die bunte Schmetterlinge oder exotische Farne allein ihrer Schönheit wegen retten wollen. "Mit netten Pflanzen und Tierchen hat das hier wenig zu tun", sagt Manfred Niekisch von Deutschen Naturschutzring.

Gefährdet seien vielmehr die Lebensgrundlagen der Menschheit.
So begünstigt das Artensterben den Klimawandel. "Die Erde braucht intakte Wälder und Ozeane, sonst schreitet die Erderwärmung noch schneller voran", erklärt Ahmed Djoghlaf, Generalsekretär der UN-Konferenz zur biologischen Vielfalt. Denn Wälder und Meere speichern den Klimakiller Kohlendioxid. Dafür müssen sie aber funktionierende Ökosysteme bilden, zu denen eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt gehört.

Der Aufbau eines weltweiten Netzes von Schutzgebieten soll ein zentrales Thema des Bonner Artenschutz-Gipfels werden - ein Projekt, das die Vertragsstaatenkonferenz seit langem verfolgt. Bislang seien aber vor allem Fragen der Finanzierung nicht ausreichend geklärt, kritisiert das "Forum Umwelt und Entwicklung", ein Zusammenschluss nichtstaatlicher Organisationen in Deutschland. Die Umweltschützer fordern genügend Geld, um 40 Prozent aller Meeres- und Waldflächen unter Schutz zu stellen. In der Pflicht seien dabei vor allem die Industriestaaten.

Kommerzielle Nutzung von Pflanzen aus Entwicklungsländern
Eine reichhaltige Flora und Fauna gilt auch als unverzichtbar, um die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung zu sichern. Monokulturen sind nach Darstellung von Agrar-Experten anfälliger für Parasiten und Viren. Eine breite biologische Vielfalt erhöhe dagegen die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Pflanzen- und Tierwelt an veränderte Umweltbedingungen anpassten.

Im Mittelpunkt des Artenschutz-Gipfels wird zudem die kommerzielle Nutzung von Pflanzen aus Entwicklungsländern stehen. Durch Patente auf Gene sichern sich etwa Kosmetik- und Pharmakonzerne in den Industriestaaten die Vermarktungsrechte für Heilpflanzen, die Ureinwohner seit Generationen nutzen. An den Gewinnen würden die Menschen in den armen Ländern aber nicht beteiligt, sagt Michael Frein vom Evangelischen Entwicklungsdienst und Sprecher des "Forums Umwelt und Entwicklung". "Das ist Bio-Piraterie." Nötig sei deshalb ein verbindliches Regelwerk, damit auch ärmere Staaten profitierten.

Das Land, das die meisten Gen-Patente anmeldet, hat die 1992 verabschiedete UN-Konvention über biologische Vielfalt aber nicht ratifiziert: die USA. Der Kanadier Tim Hodges, der eine Arbeitsgruppe der Artenschutz-Konferenz zum Thema Gen-Patente leitet, ist deshalb wenig optimistisch: "Wenn der wichtigste Akteur nicht mit am Verhandlungstisch sitzt, wird die Ausarbeitung bindender Regeln schwierig."

Von Stefan Fuhr (epd)