Zögerlicher Neustart auf dem Jakobsweg

Hoffnung auf mehr Pilger im Herbst

Die Pilgerbewegung auf dem Jakobsweg nimmt nur zögerlich Fahrt auf. Derzeit treffen im Schnitt etwa 230 Pilger pro Tag in Santiago de Compostela ein. Ein größerer Zustrom wird erst für den Herbst erwartet.

Autor/in:
Andreas Drouve
Die gelbe Muschel: Erkennungsmerkmal des Jakobsweges / © gregorioa (shutterstock)
Die gelbe Muschel: Erkennungsmerkmal des Jakobsweges / © gregorioa ( shutterstock )

Das Frühjahr ist eigentlich ideal, um in den Nordwestwinkel Spaniens nach Santiago de Compostela zu pilgern: gemäßigte Temperaturen, Blütenpracht allerorten. Doch bis 9. Mai waren in Spanien landesweit die Grenzen der Provinzen für den Binnenverkehr gesperrt, Übertritte nur aus triftigen Gründen möglich. Seit Aufhebung der Restriktionen herrscht auch für Jakobspilger wieder freie Bahn, doch die Bewegung rollt nur zögerlich an. Dort, wo man sonst den Widerhall des Klackens der Pilgerstöcke in den Dorfgassen vernimmt, herrscht mehrheitlich Stille.

Starker Zustrom im Herbst erwartet

Zwischen Ende Mai und Anfang Juni meldete das Pilgerbüro in Santiago de Compostela Tagesankünfte in Größenordnungen zwischen 147 und 423 Pilgern. Dies entsprach einem Schnitt von etwa 230 Ankömmlingen, siebenmal weniger als an normalen Spätfrühlingstagen vor der Corona-Krise. "Doch der Anfang ist gemacht", freut sich Enrique Valentin, der Vorsitzende eines privaten Herbergsnetzwerks und Betreiber einer Pilgerherberge in der Region La Rioja.

Valentin geht davon aus, dass "die meisten Herbergen bis Mitte Juni" wieder öffnen werden. Allerdings fällt seine Prognose für die Entwicklung des Pilgerns in nächster Zeit reserviert aus. Er rechnet mit einem "schwachen Sommer" und geht dafür von einem starken Zustrom im September und Oktober aus. Zudem hofft er, dass sich die Saison "ein wenig" verlängern könne, zumindest bis Mitte November.

Eine "neue Tendenz" seien die Reservierungsanfragen. Suchten sich Pilger bislang oft spontan ein Quartier, nehmen sie jetzt vorab Kontakt mit den Herbergen auf, um sich ihr Bett oder die Pritsche zu sichern. "Momentan erreichen uns mehr Anfragen als erwartet, vorrangig von Spaniern und Franzosen, aber auch wieder von Deutschen, Niederländern, Schweizern", sagt Valentin.

"Wachsende Zurückhaltung bei Nicht-Geimpften"

Einzelne Herbergen haben unverändert geschlossen, darunter jene, die der Paderborner Freundeskreis der Jakobspilger in der nordspanischen Partnerstadt Pamplona unterhält. "Wir haben uns angewöhnt, mit etwa acht Wochen Vorlauf für jeden Monat neu zu entscheiden. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass wir etwa Mitte August öffnen könnten", so Vereinsvorsitzender Heino von Groote. Die Bereitschaft unter den Freiwilligen, die in der Herberge Dienst tun, sei groß. Dennoch hat er "eine wachsende Zurückhaltung bei Nicht-Geimpften" ausgemacht.

Zum Blick in die Zukunft sagt von Groote: "Aus dem Pilgerbüro unseres Freundeskreises wissen wir, dass viele im Herbst wieder nach Spanien wollen. Dabei hoffen natürlich alle, dass es dann keine Maskenpflicht mehr geben wird. Nur Einzelne werden losfahren, wenn diese Auflage bleibt." Über die generelle Zukunft von Pilgerherbergen orakelt er, dass "ein Bad für zwei oder maximal vier Pilger" zum Standard werden könnte: "Ich denke, die Herbergen müssen aufrüsten, damit nicht alle in Privatquartiere ausweichen."

Busreisen werden teurer

Organisierte Buspilgertouren könnten gegen Herbst ebenfalls wieder Fahrt aufnehmen. So plant der Veranstalter "Hauser-Reisen" aus Rottweil zwei Jakobsweg-Touren im September. Susanne Röhrle, die Leiterin des Produkt- und Qualitätsmanagements, geht unter der Voraussetzung "vollständig geimpft, genesen oder getestet" von einer allmählichen Normalisierung der Reiselage aus. Derzeit seien die Teilnehmerzahlen bei Bustouren auf 26 Personen begrenzt, es gelte an Bord noch eine Maskenpflicht. Das Reisen werde indes teurer, so Röhrle, "in erster Linie, weil die Leistungsgeber ihre Preise angezogen haben."

Ob zu Fuß oder motorisiert - es dürfte noch einige Zeit dauern, bis der Jakobsweg zu alter Popularität zurückfindet. Da trifft es sich gut, dass das aktuelle "Heilige Jakobusjahr" von Papst Franziskus ausnahmsweise bis Ende 2022 verlängert worden ist.

Jakobsweg

Der Jakobsweg ist ein europaweites Netz von Straßen und Wegen. Seit dem neunten Jahrhundert führt er Pilger vom Baltikum über Polen, Deutschland, die Schweiz und schließlich Frankreich zum angeblichen Grab des Apostels Jakobus ins spanische Santiago de Compostela. Im Mittelalter erstreckten sich die Tagesetappen meist von einem "heiligen Ort", an dem Reliquien verehrt wurden, zum nächsten.

 © Sonja Geus (DR)
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Quelle:
KNA
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