Am Sonntag ist Papst Franziskus nach Myanmar aufgebrochen, es ist die erste Reise eines Papstes in das südostasiatische Land. Viele hoffen, dass das Oberhaupt der katholischen Kirche bei seinem dreitägigen Besuch den Grundstein für Brücken über die tiefen ethnischen und religiösen Gräben Myanmars legen kann.
Die Lage ist jedoch so angespannt, dass die Bischöfe dem Papst den Verzicht auf den Begriff Rohingya nahelegten, um wütende Proteste nationalistischer Buddhisten zu vermeiden. Auch wenn sich Myanmar und Bangladesch am Donnerstag darauf verständigten, dass die 620.000 seit August vor Armeegewalt in das Nachbarland geflohenen Angehörigen der muslimischen Minderheit zurückkehren dürfen - auf Franziskus wartet vermintes Gelände.
Myanmar mehrheitlich buddhistisch
Andrew Ye Lin Htike und Ann Marie Aya Yu Mon sind derweil überglücklich. Und das hat gleich zwei Gründe. Am 17. November haben die beiden in der katholischen Kathedrale St. Marien in Rangun den Bund fürs Leben geschlossen - und rund eine Woche später werden sie Papst Franziskus persönlich begegnen. "Meine Familie wurde ausgelost. Wir hatten Glück", freut sich Andrew Ye Lin Htike. Gerne spricht der 24-jährige Arzt über seine Erwartungen an den Papstbesuch. "Ich hoffe, der Papst wird eine Botschaft des Friedens für unser Land bringen", sagt er.
Myanmar ist ein mehrheitlich buddhistisches Land, auch wenn in Rangun ein anderer Eindruck entstehen kann. Im historisch-kolonialen Herz der birmanischen Metropole finden sich buddhistische und hinduistische Tempel, katholische, anglikanische, baptistische, presbyterianische Kirchen und sogar eine Synagoge für die sehr kleine jüdische Gemeinde.
Bei dem bunten Völkergemisch aus Birmanern, Indern, Chinesen, Karen, Shan, Kachin, Chin, Arakanesen oder Mon kann man sich in Rangun zudem kaum vorstellen, dass im Teilstaat Rakhine die muslimischen Rohingya gewaltsam vertrieben wurden, dass in Kachin und im Shan Staat zwischen der myanmarischen Armee und ethnischen Milizen blutige Kämpfe stattfinden.
Ob in Rakhine, Kachin oder Shan - es geht um Macht, strategische Vorteile, natürliche Ressourcen. Aber in jedem dieser Konflikte spielt auch Religion eine Rolle.
Die Rohingya sind muslimisch und die Propaganda des Blocks aus buddhistischen Mönchen und Militär malt die Gefahr einer Islamisierung Myanmars durch gebärfreudige Muslime an die Wand. Die "Kachin Unabhängigkeitsarmee" (KIA) kämpft im mehrheitlich christlichen Kachin zwar für politische und wirtschaftliche Autonomie. Aber in den Kriegsgesängen der KIA geht es immer laut um einen Gott, der den Kachin dieses Land "verheißen" habe.
Militär beobachtet Papstbesuch
Ein weithin sichtbares Schild vor der Kathedrale in Rangun heißt den Papst "herzlich willkommen". Ob Franziskus wegen seines Eintretens für die Rohingya bei allen willkommen ist, darf jedoch bezweifelt werden. Das mächtige Militär habe gar eine Absage des Papstbesuches erwogen, heißt es in diplomatischen Kreisen. Pastor Naing Mariano weiß davon nichts. "Offiziell war das nie ein Thema", sagte der Pressesprecher der Bischofskonferenz der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
In den Medien findet die bevorstehende Papstreise bisher kaum statt. "Man hält den Besuch von Franziskus unter dem Radar", sagt Khin Zaw Win. "Die Situation hier ist sehr komplex und meine Landsleute reagieren allergisch auf alles, was nach Einmischung von außen aussieht", so der Direktor des unabhängigen Tampadipa Instituts zur Stärkung der Zivilgesellschaft in Rangun. Der 72-jährige Buddhist hofft trotzdem, dass Papst Franziskus einen Prozess der Heilung in dem zerrissenen Land einleiten kann. "Das wäre eigentlich der Job von Aung San Suu Kyi. Aber sie tut das nicht", sagt er mit Blick auf die De-Facto-Regierungschefin und Friedensnobelpreisträgerin bitter.
Hoffnung mit Papstbesuch verknüpft
Zur Papstmesse in Rangun werden neben 200.000 Christen aus Myanmar auch mehr als 1.000 aus den Nachbarländern erwartet. Auch Deutsche in Rangun freuen sich auf den Papst. "Die Papstreise ist für die junge, noch sehr wackelige Demokratie in Myanmar von großer Bedeutung", sagt der Katholik Christopher Schweiger. Für Mandy Sari ist es kein Widerspruch, als Protestantin an der Papstmesse teilzunehmen. "Wir sind doch in erster Linie Christen."
Im Souvernirladen der Kathedrale warten Franziskus-Andenken wie T-Shirts, Sonnenschutzfächer und Käppis auf Käufer. La Aung ersteht eine Vatikanfahne. Der alte Mann ist ein Baptist aus Kachin. Er will unbedingt zur Papstmesse. "Bei uns in Kachin wird gekämpft. Ich hoffe, der Papst wird dem Friedensprozess einen Schub geben."