Die Istanbuler Staatsanwaltschaft fordert offenbar eine hohe Haftstrafe für den deutschen Menschenrechtler Peter Steudtner. Nach türkischen Medienberichten plädiert die Anklagebehörde für Haftstrafen von bis zu 15 Jahren für elf im Juli festgenommene Aktivisten, darunter Steudtner. Den Angeklagten werde unter anderem "Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation" vorgeworfen.
In einem "Spiegel"-Gespräch hatte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu zuvor erklärt, er habe sich im Fall Steudtner für eine "Beschleunigung des Verfahrens" eingesetzt. Zugleich betonte der Minister, dass die türkische Justiz unabhängig sei. In der Türkei sind derzeit mehrere Deutsche aus politischen Gründen inhaftiert. Dazu zählen der "Welt"-Korrespondent Deniz Yücel, der auch einen türkischen Pass besitzt, und die Journalistin Mesale Tolu.
Die deutschen Reaktionen auf die Inhaftierung Yücels bezeichnete Cavusoglu als "aufgebauscht". Für Ankara sei Yücel "ein türkischer Staatsbürger, der sich wegen des Verdachts auf eine Straftat in Haft befindet", sagte Cavusoglu: "Die Justiz entscheidet über seine Schuld oder Unschuld." Die Vorwürfe gegen ihr seien schwerwiegend, er sei nicht wegen seiner journalistischen Arbeit verhaftet worden. In dem Interview sprach sich Cavusoglu gleichzeitig für eine Normalisierung der Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland aus: "Wenn ihr einen Schritt auf uns zugeht, gehen wir zwei auf euch zu."
Steudtner war vor drei Monaten gemeinsam mit mehreren Amnesty-International-Aktivisten in der Türkei festgenommen worden. Er war zu dem Zeitpunkt als Referent auf einem Seminar für Menschenrechtsverteidiger zu IT-Management und dem Umgang mit Stress und Trauma tätig. (epd/Stand 09.10.2017)