Holger Klatte zur Negativauszeichnung des Dudens

Duden zum Sprachpanscher 2013 gewählt

Notebook oder Klapprechner - Nachsteller oder Stalker - wie viel Anglizismen braucht die deutsche Sprache? Zuviel, meint der Verein der Deutschen Sprache und kürte nun den altehrwürdigen Duden zum Sprachpanscher 2013.

 (DR)

domradio.de: "Sprachpanscher des Jahres" ist ja sicher nicht die Auszeichnung, auf die ein Werk wie der Duden gewartet hat. Womit hat er das verdient?

Klatte: Es ist mit Sicherheit für viele eine Überraschung gewesen, dass der Duden in diesem Jahr Sprachpanscher des Jahres wird, aber wenn man den neuen Duden, dessen 26. Ausgabe im Sommer erschienen ist, mal aufschlägt, dann fällt einem auf, dass da seitenweise nur noch englische Wörter vorkommen, die man zum Teil auch noch nie gehört hat. Und da fragen wir uns, ob all diese Wörter tatsächlich schon zur deutschen Sprache gehören, ob wir die alle überhaupt kennen müssen und werfen dem Duden dort vor, dass er zu wenig Verantwortung dafür übernimmt, dass sich die deutsche Sprache in bestimmten thematischen Bereichen selbst weiterentwickelt.

domradio.de: Haben Sie Beispiele für uns? Um was für Wörter geht es da?

Klatte: Wenn ich den Duden zum Beispiel auf Seite 791 unter dem Buchstaben O aufschlage, dann geht es da los mit "out", "outback", "outcast", "outdoor". "outdoor" kleingeschrieben, "Outdoor" großgeschrieben, "Outeinwurf", "outen", "Outfit". Das könnte ich jetzt noch mit 10, 20 Wörtern so weitermachen. Reihenweise kommt dort englisches Wortgut vor und da erwarte ich eigentlich, dass da viel mehr Deutsches vorkommt.

domradio.de: Gibt es schon eine Reaktion auf den Preis, seitens des Dudens?

Klatte: Der Duden hat sich natürlich dazu geäußert. Wir kennen auch die Positionen des Dudens. Der Duden sagt, dass er sich die deutsche Sprache anschaut. Er schaut sich an welche Wörter in der deutschen Sprache vorkommen. Er hat dort große Textkorpora aus Zeitungstexten und aus gesprochener Sprache, die er analysiert und wenn bestimmte Wörter eine bestimmte Anzahl erreichen, dann sagt die Dudenredaktion, kommen sie in der deutschen Sprache häufig genug vor, so dass sie auch im Duden stehen müssen. Und wenn sie ein Wort wie "Shopping" häufig genug irgendwo geschrieben finden, dann steht das eben auch als zur deutschen Sprache gehörig im Duden. Wir als Verein Deutsche Sprache kritisieren das. Wir sagen, dass sich der Duden eigentlich mehr darüber Gedanken machen sollte, wie man bestimmte englische Wörter auch in der deutschen Sprache ausdrücken könnte. Und das tut der Duden viel zu wenig. Andere Sprachgemeinschaften gehen da ganz anders vor und deswegen ist der Duden in diesem Jahr Sprachpanscher geworden.

domradio.de: Wenn ich mich jetzt hier allerdings im Büro, im Domradio umhöre, da sagt auch kaum noch jemand Rechner anstatt Computer, geschweige denn Klapprechner. Gehören solche Begriffe, wie zum Beispiel Laptop oder Computer nicht auch irgendwie dazu? Also sind sozusagen eingebürgert worden in die deutsche Sprache?

Klatte: Das stimmt, dass wir für vieles mittlerweile im Alltag englische Begriffe haben. Das liegt daran, dass wir für diese Sachverhalte eben auch zunächst englische Wörter gelernt oder kennengelernt haben. Die deutschen Wörter müsste man also nachträglich erfinden. Wir wollen auch gar nicht, dass jedes englische Wort wieder ins Deutsche zurückübersetzt wird. Ich möchte auch weiterhin einen Pullover tragen und auch ein T-Shirt und versende auch weiter Emails. Das ist gar nicht notwendig. Wir sagen einfach nur, dass man mehr darüber nachdenken sollte, wie sich eine Sprache entwickelt, wohin sich unsere Sprache entwickelt und dass unsere Sprachgemeinschaft mehr dafür tun muss, damit sie in bestimmten thematischen Bereichen auch einen verständlichen und deutschen Wortschatz ausbildet, weil das mittlerweile in manchen Themenbereichen schon gar nicht mehr der Fall ist. Das heißt wenn Sie sich die Werbung anschauen, wenn Sie sich bestimmte Themenbereiche, wie den Sport oder die Kosmetik anschauen, dann finden wir da sehr viel aus dem Englischen. Und das halten wir für eine schlechte Entwicklung.

domradio.de: Jetzt hat der Duden also diesen Preis bekommen. Wer stand denn ansonsten noch auf Ihrer Nominierungsliste?

Klatte: Die 36.000 Mitglieder des Vereins Deutsche Sprache konnten in diesem Jahr unter fünf Kandidaten den Sprachpanscher auswählen. Neben dem Duden stand auf dieser Kandidatenliste Wolfgang Schäuble, weil er nicht genügend dafür getan hat, dass sich die deutsche Sprache in den Einrichtungen der Europäischen Union durchsetzen. Außerdem stand Andrea Nahles, die Generalsekretärin der SPD drauf, weil sie gleich die gesamte Wahlkampagne der SPD ins Englische versetzt hat. Außerdem stand die Firma Playmobil drauf, weil sie große Teile ihres Produktangebots mittlerweile auf Englisch benennt. Und schließlich noch der evangelische Kirchenpräsident Schneider, weil auch in der evangelischen Kirche zunehmend englisch gesprochen wird, obwohl wir dort eigentlich das Deutsche erwarten können.

domradio.de: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Verena Tröster.


Quelle:
DR