Holocaust-Leugner will zunächst nicht widerrufen - Knobloch nimmt Einladung Erbischof Zollitschs an

Uneinsichtiger Williamson

Der Bischof der ultrakonservativen Pius-Bruderschaft, Richard Williamson, will seine Leugnung des Holocaust vorerst nicht widerrufen. Er wolle zunächst "die historischen Beweise prüfen", sagte Williamson dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Der designierte Bischof von Münster, Felix Genn, hatte am Freitag eine intensive Auseinandersetzung mit den Traditionalisten gefordert. Die Präsidentin des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, hat unterdessen angekündigt, die Einladung der Deutschen Bischofskonferenz annehmen zu wollen.

Richard Williamson: Umstrittener Bischof der Priesterbruderschaft St. Pius X. (KNA)
Richard Williamson: Umstrittener Bischof der Priesterbruderschaft St. Pius X. / ( KNA )

"Und wenn ich diese Beweise finde, dann werde ich mich korrigieren. Aber das wird Zeit brauchen." Er erklärte zugleich, er wolle "unter keinen Umständen die Kirche und die Bruderschaft" weiter beschädigen.

Williamson bekräftigte seine Kritik am Zweiten Vatikanischen Konzil. Die Konzilstexte seien zweideutig: "Das führt zu diesem theologischen Chaos, das wir heute haben." Zudem äußerte sich der Traditionalistenbischof kritisch zu den universellen Menschenrechten: "Wo die Menschenrechte als eine objektive Ordnung verstanden werden, die der Staat durchsetzen soll, da kommt es immer zu einer antichristlichen Politik."

Genn: Abermalige Abgrenzung möglich
"Jetzt gehören sie dazu, jetzt kann man ihnen auf die Finger schauen", sagte Bischof Genn am Freitag in Münster. Eine mögliche Folge der aktuellen Auseinandersetzung könne eine abermalige Abgrenzung sein. "Möglich, dass die katholische Kirche dann sagt: Jetzt ist Schluss, wir sind hier und ihr bleibt da."

Die Intervention von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nannte Genn "unangemessen". Papst Benedikt XVI. habe sich bereits zuvor ausreichend erklärt gehabt und darüber hinaus durch Gespräche mit Vertretern des jüdischen Glaubens, Besuche von Synagogen oder seinem Wunsch nach einer Israel-Reise deutliche Zeichen gesetzt. Merkel hatte am Dienstag eine eindeutige Klarstellung aus dem Vatikan in der Diskussion über den Umgang mit dem Holocaust gefordert.

Der bisherige Bischof von Essen kritisierte auch den Verlauf der öffentlichen Diskussion in Bezug auf den Papst. Es sei völlig eindeutig, dass dieser von der Leugnung des Holocaust durch den britischen Traditionalisten-Bischof Richard Williamson nichts gewusst habe. Den Papst mit Antisemitismus in Verbindung zu bringen, sei absurd, so Genn. Er halte allein eine schlechte Kommunikation in den Behörden des Vatikan für den Eklat verantwortlich.

Die übrigen Bischöfe der Priesterbruderschaft müssten nun zeigen, "dass sie alle von einem Papst unterschriebenen Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils anerkennen", so Genn. Dies werde auch in dem Dekret zur Aufhebung der Exkommunikation gefordert. Ein Holocaust-Leugner wie Williamson aber könne nicht ernsthaft glauben, Bischof in der katholischen Kirche werden zu können. "Nicht mal am äußersten Zipfel von Feuerland", so Genn.

Bischof Müller: Priesterweihen in Zaitzkofen sind verboten
Als zuständiger Ortsbischof hat der Regensburger Oberhirte Gerhard Ludwig Müller die Traditionalisten davor gewarnt, in ihrem Priesterseminar in Zaitzkofen weiter Priester und Diakone zu weihen. In einem Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) erklärte Müller am Freitag die von der Priesterbruderschaft Pius X. in Zaitzkofen bereits terminierten Weihen für verboten. "Das Kirchenrecht schreibt vor, dass der Ortsbischof in solchen Fällen um Erlaubnis gefragt werden muss." Suspendierte Bischöfe dürften ohnehin keine Weihen erteilen. Zaitskofen gehört zum Bistum Regensburg.

"Erkennen die Bischöfe der Pius-Bruderschaft den Primat des Papstes an, müssen sie sich auch an das Kirchenrecht halten, das er erlassen hat", betonte Müller. Der Obere der Pius-Bruderschaft, Bischof Bernard Fellay, hatte noch am vergangenen Sonntag in Zaitzkofen die im Gefolge des Zweiten Vatikanischen Konzils abgeschafften "Niederen Weihen" erteilt. Dies deute eher darauf hin, "dass das Schisma weitergeht", sagte Müller. "Aber vielleicht haben die noch gar nicht richtig verstanden, was sie da unterschrieben haben", fügte er hinzu. Bis Juni stehen in dem Seminar weitere Diakon- und Priesterweihen an.

Müller sprach sich dafür aus, mit den Amtsträgern der Pius-Bruderschaft nach dem Vorbild der alten Kirche zu verfahren.
"Wenn jemand illegal die Weihe empfangen hat, muss er degradiert werden." Die Bischöfe der Traditionalisten könnten demnach künftig nur noch als einfache Priester tätig sein, etwa als Kategorialseelsorger in Altenheimen. Bischof Richard Williamson habe sich mit seiner Leugnung des Holocaust unmöglich gemacht und gehöre aus dem Klerikerstand entfernt.

Mit Blick auf die Wiedereingliederung der traditionalistischen Geistlichen in die katholische Kirche sprach sich Müller für eine Einzelfallüberprüfung aus. Bei der Aufhebung der Exkommunikation ihrer Bischöfe habe der Vatikan offenbar den Fehler gemacht, nur mit ihrem Oberen zu verhandeln. Die anderen drei Bischöfe seien im Schlepptau mitgezogen worden. "Mindestens einer von denen war ein trojanisches Pferd", sagte der Bischof unter Anspielung auf Williamson.

Müller äußerte sich erneut skeptisch über die Aussichten einer vollen Aussöhnung. Bisher sehe er dafür keine Bewegung bei den Traditionalisten. "Wenn einer ihrer Bischöfe sagt, dass jetzt die katholische Kirche sich in Richtung dieser Irrlehren bewegt, ist das lächerlich und zeugt von Maßlosigkeit und Selbstüberschätzung." Er hoffe, dass es "unter ihren Priestern einige Vernünftige gibt, die sich aus dieser Gemeinschaft lösen und sich dem Apostolischen Stuhl beziehungsweise dem Ortsbischof unterstellen".

Knobloch nimmt Gesprächsangebot an
Die Präsidentin des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, will sich "in nicht zu ferner Zukunft" zu einem persönlichen Gespräch mit dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, treffen. Knobloch hatte in der vergangenen Woche aus Unmut über die Aufhebung der Exkommunikation von vier Bischöfen der traditionalistischen Piusbruderschaft durch den Vatikan den Dialog mit der Kirche bis auf weiteres aufgekündigt. Am Freitag teilte der Zentralrat mit, Knobloch nehme Zollitschs Einladung zu einem Treffen an. Beide Seiten seien sich "über die Gemeinsamkeiten und die Verbundenheit auch während der Diskussion der vergangenen Tage einig".

Zentralrats-Generalsekretär Stephan Kramer wies ausdrücklich darauf hin, dass die "bekannten Differenzen" derzeit mit dem Vatikan bestünden und nicht mit der Bischofskonferenz. Insofern müsse offen bleiben, ob dieser nationale Dialog zu Fortschritten in der Auseinandersetzung um die Aufhebung der Exkommunikation der vier Bischöfe der Piusbruderschaft führen könne.

Knobloch und Lehmann diskutieren bei "Beckmann"
Charlotte Knobloch und Kardinal Karl Lehmann sind am Montag in der ARD-Sendung "Beckmann" zu Gast. In der Talkshow ab 23 Uhr diskutieren die beiden über die Ereignisse um den Traditionalisten-Bischof Richard Williamson, wie der Sender am Freitag in Hamburg ankündigte. Weitere Gäste sind "Zeit"-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo, ZDF-Moderator Steffen Seibert und der Bestsellerautor Daniel Kehlmann.