Hunderte Karnevalisten läuten Session im Kölner Dom ein

"Da ist Gänsehaut angesagt"

Der Karnevalsgottesdienst gehört zu den beliebtesten Gottesdiensten im Kölner Dom. Jecke, Dreigestirne und Prinzenpaare reisen aus der gesamten Region an. Trotz kalten Winterwetters blieb auch diesmal im Dom kein Sitzplatz frei.

Autor/in:
Elena Hong
Beim 18. Gottesdienst für Karnevalisten im Hohen Dom zu Köln wird für den Segen der Session gebittet. / © Nicolas Ottersbach (DR)
Beim 18. Gottesdienst für Karnevalisten im Hohen Dom zu Köln wird für den Segen der Session gebittet. / © Nicolas Ottersbach ( DR )

Der ökumenische Karnevalsgottesdienst ist kein Gottesdienst wie jeder andere. Schon die ausgefallenen Kappen, farbigen Mäntel, Schals und Kostüme ließen die Kirchenbänke in festlichem Glanz erstrahlen. Stolz marschierten die Standartenträger mit ihren Plaggen und Fahnen durch den Mittelgang. Unter den Gottesdienstteilnehmern war auch die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker und der Präsident des Festkomitees Kölner Karneval von 1823, Christoph Kuckelkorn.


Bühne frei für Utopien

Der ökumenische Gottesdienst stand unter dem Motto der diesjährigen Kölner Karnevalssession "FasteLOVEnd – Wenn Dräum widder blöhe" (Wenn Träume wieder blühen). Stadtdechant Msgr. Robert Kleine und Stadtsuperintendent Dr. Bernhard Seiger luden zum Träumen von einer besseren Welt ein. Eine Welt, in der Menschen wertschätzend miteinander umgehen, in der Wolf und Lamm beieinanderliegen (Jesaja 13). 

Toleranz und Vielfalt im Fokus

Der Karneval ist so eine Welt. Doch wer meint, hier gebe es nur Idealismus und Heiterkeit, wurde an diesem Abend eines Besseren belehrt. Denn beide Zelebranten wurden in ihren Kurzpredigten auch politisch. Kleine zitierte aus der ikonisch gewordenen „I have a dream“-Rede von Martin Luther King: "Niemand sollte wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens oder seiner sexuellen Orientierung diskriminiert werden. Diese Vielfalt anzunehmen ist unsere tägliche Aufgabe und Herausforderung."

Zugleich kritisierte der Stadtdechant den nationalistischen Kurs von Ländern wie Amerika. Stattdessen müsse der Slogan "Make humanity great again" lauten. Für die Bundestagswahl in Deutschland wünsche Kleine sich von den Parteien Versprechen, die auf Solidarität und Nächstenliebe abzielen und die Ränder der Gesellschaft im Blick haben. 

Liebe, Lebensfreude und Vision 

Pfarrer Bernhard Seiger betonte seinerseits die Relevanz von Zuversicht in Krisenzeiten: "Friede kann geschehen, Tyrannei kann enden, wie wir vor wenigen Wochen in Syrien gesehen haben". Außerdem, so Seiger weiter, sei die Liebe "die beste Form, Träume zu leben" – einschließlich der queeren Liebe. 

Die Fürbitten werden vom designierten Dreigestirns und Kinderdreigestirn vorgetragen. / © Nicolas Ottersbach (DR)
Die Fürbitten werden vom designierten Dreigestirns und Kinderdreigestirn vorgetragen. / © Nicolas Ottersbach ( DR )

Auch dafür steht der Karneval: Probleme nicht ausblenden und eigene Verantwortlichkeiten aufzeigen. Deutlich wurde das auch in den Fürbitten. Weitere Höhepunkte des Gottesdienstes waren die Segnung des Dreigestirns und der Standarten sowie die musikalische Begleitung durch das Orchester der Domstädter. Zum Schluss durfte die Hymne "Am Dom zu Kölle" natürlich nicht fehlen. 

Karnevalsgottesdienst diesmal ohne "Loss Jonn"

Nur eine Sache lief nicht ganz nach Plan: Als Organist Winfried Bönig an der Schwalbennestorgel das Register "Loss Jonn" zog, herrschte Stille. Auch beim zweiten Mal öffnete sich die Klappe nicht und es purzelte auch keine Narrenfigur heraus. "Keine böse Absicht", scherzte Dompropst Guido Assmann hinterher gegenüber DOMRADIO.DE und machte die kalten Temperaturen verantwortlich. 

Der Stimmung tat dies offenbar aber keinen Abbruch. "Das Hochamt im Kölner Karneval ist nicht nur Hochamt, sondern auch Hochgefühl", schwärmte Michel von der Karnevalsgesellschaft Bürgergarde blau-gold 1904 e.V. "Da ist Gänsehaut angesagt". Ein anderer Karnevalist aus Dormagen ergänzte: "Karneval bringt die Menschen zusammen. Ein bisschen Besinnung reinzubringen – gerade in diesen strubbeligen Zeiten – das bedeutet uns sehr viel". 

Fasching - Fastnacht - Karneval

Die "närrischen Tage" vor der am Aschermittwoch beginnenden Fastenzeit haben verschiedene Namen: Das meist in ursprünglich katholischen Gebieten veranstaltete Brauchtum heißt im Rheinland Karneval, in Mainz und Umgebung Fastnacht, im schwäbisch-alemannischen Gebiet Fasnet und im bayrisch-österreichischen Raum Fasching.

Bunt kostümiert nehmen Narren in Düsseldorf am Rosenmontagsumzug teil / © Federico Gambarini (dpa)
Bunt kostümiert nehmen Narren in Düsseldorf am Rosenmontagsumzug teil / © Federico Gambarini ( dpa )
Quelle:
DR