Fünf Beispiele von umgenutzten Kirchen in Nordrhein-Westfalen

Ideen für leere Gotteshäuser

Immer mehr Kirchen in NRW stehen leer oder werden kaum noch genutzt. Manche von ihnen erfüllen bereits neue Aufgaben - als Sporthalle, Tangosaal oder Wohnhaus. Ungenutzte Gebäude drücken auf die Finanzen der Kirchen. Fünf Beispiele aus Nordrhein-Westfalen für eine neue Nutzung der Kirchenräume.

Autor/in:
Rabea Gruber
Kletterhalle in der ehemaligen Kirche St. Peter in Mönchengladbach / © Roland Weihrauch (dpa)
Kletterhalle in der ehemaligen Kirche St. Peter in Mönchengladbach / © Roland Weihrauch ( dpa )

KULTURZENTRUM MIT TANGO

Die Kirche St. Helena in Bonn wird seit 1999 als sogenannter "Dialograum" neu genutzt. In dem Gebäude finden nun kulturelle Veranstaltungen statt - von Fotoausstellungen über Konzerte bis hin zu Klanginstallationen. Getragen wird das Konzept von einem eigens dafür gegründeten Verein, in dem Kulturfreunde verschiedenster Glaubensrichtungen Mitglied sind. Bis zu 100 Veranstaltungen organisiert der Verein jedes Jahr in St. Helena.

Der kirchliche Charakter des Raums wurde bei der Neuausrichtung erhalten, auch der Altar steht noch. "Wichtig ist, dass die Veranstaltungen in einen Dialog mit dem Kirchenraum treten", erklärt der Vereinsvorsitzende Marcus Heinrich. "Wir möchten eine Schnittstelle sein zwischen dem christlichen Kult und der modernen Kultur." Die Idee zu dem Kulturzentrum sei von der Kirchengemeinde selbst ausgegangen, sagt Heinrich: "Die Gemeinde hat gesehen, dass sie sich öffnen muss."

Über die Jahre haben sich mehrere Veranstaltungsreihen herausgebildet. Ein besonderes Ereignis ist dabei der Tangoabend, der an jedem letzten Sonntag im Monat stattfindet. Begleitet von DJs oder einer Liveband tanzen die Tangopaare dann durch den sakralen Raum.

TURNHALLE

Die Münsteraner Kirche St. Elisabeth ist 2014 als Turnhalle der benachbarten Montessorischule wieder eröffnet worden. "Wir konnten die Halle also sehr gut gebrauchen", erzählt Eva Grindel, Mitglied der Schulleitung. Jetzt findet hier der Sportunterricht von der ersten bis zur zehnten Klasse statt. Umziehen können sich die Schüler in den ehemaligen Seitenschiffen. "Es ist eben Sportunterricht in einem besonders schönen Ambiente", sagt Grindel.

WOHNHAUS

Nach einer Gemeindefusion wurde die Kirche St. Maria Königin in Dülmen 2008 geschlossen. Die Heilig-Geist-Stiftung ließ in dem Gebäude barrierefreie Wohnungen für Senioren einbauen. Auf zwei Etagen entstanden 15 Mietwohnungen mit einer Größe von je 47 bis 66 Quadratmetern. Die ersten Bewohner konnten 2012 in die "Kirchwohnungen" einziehen, im selben Jahr gewann das Projekt den Landespreis für Architektur-, Wohnungs- und Städtebau.

Der Kirchturm wurde beim Umbau erhalten, dort entstand ein Gemeinschaftsbereich für die Bewohner. Auch die alte Kapelle wurde erhalten. Sie wird weiter von der Gemeinde genutzt.

STADTTEILZENTRUM

Aus der Friedenskirche im Bochumer Westend ist ein Stadtteilzentrum mit dem Namen "Q1" geworden. Seit 2015 dient das Gebäude als Treffpunkt des Viertels. Die Trägerschaft teilen sich die evangelische Kirchengemeinde und der Bochumer Verein für multikulturelle Kinder- und Jugendhilfe und Migrationsarbeit Ifak.

"Der alte Kirchenraum ist für unsere Zwecke umgebaut worden", sagt Pfarrer Holger Nollmann. Heute verfügt das Q1 über einen großen und einen kleinen Veranstaltungssaal. In fünf Büros finden Beratungsangebote für die Bewohner des Viertels statt, es gibt einen Werkraum und einen Schulungsraum. "Unter der Woche werden im Q1 jeden Tag Integrations- und Sprachkurse angeboten", berichtet Nollmann.

Im Eingang des Gebäudes ist ein Café mit offener Küche eingerichtet worden. In einem anderen Teil des Hauses hat eine Künstlerin ihr Atelier eingerichtet. Der alte Altarraum ist als Andachtsraum erhalten worden. "Dieser Raum ist noch klar christlich geprägt", sagt Nollmann, "und das Kreuz hängt dort weiterhin". Der Raum dürfe von allen genutzt werden, die einen Ort der Stille suchten. So gebe es auch einige muslimische Besucher, die dort hin und wieder ihre Gebete verrichten.

KLETTERHALLE

In St. Peter in Mönchengladbach geht es hoch hinaus, denn die Kirche ist im Jahr 2009 zu einer Kletterhalle umgebaut worden. Damals entdeckte Geschäftsführerin Simone Laube das Gebäude zufällig. Nach anfänglicher Skepsis der Gemeinde überzeugte Laubes Plan. In ihrer neuen Gestalt ist die Halle jetzt auch ein sozialer Treffpunkt für Familien geworden.

Die Kirchengemeinde überließ den Kletterern das Gebäude in Erbpacht. Sollte die Kirche das Gebäude doch wieder benötigen, könnten die Umbauten rückgängig gemacht werden. Bis dahin können sich Groß und Klein auf einer Fläche von 1300 Quadratmetern austoben. Bis zu 13 Meter hoch sind die Kletterwände.


Quelle:
dpa
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