"Ich mag das Albert-Einstein-Gymnasium!" – sagt Fünftklässlerin Orli in perfektem Hebräisch. Das lernt sie im Unterricht in der jüdischen Schule, die sie seit einigen Wochen besucht. Einen ehemaligen Bürokomplex in Düsseldorf Rath hat Schulleiter Michael Bock in eine moderne und freundlich Lernstätte umgewandelt.
Der Lehrer ist eigentlich schon pensioniert als die jüdische Gemeinde Düsseldorf mit dem Projekt an ihn herantritt. "Ich habe selber eine jüdische Schule besucht und es war für mich sehr reizvoll, jetzt so ein Projekt neu aufbauen zu können", so Bock. Bei der Gestaltung der Räume habe er viel ausprobieren können, beispielsweise sind die Klassenzimmer mit beschreibbaren Wänden und Beamern statt Tafeln ausgestattet, die Kinder arbeiten mit IPads.
Die Mensa im Erdgeschoss des dreistöckigen Gebäudes versorgt die Kinder der insgesamt zwei Klassen mit einem morgendlichen Frühstück und einem koscheren Mittagessen. Eine kleine Bücherei ist ebenfalls in Planung, sowie die Ausgestaltung des Schulhofes.
Zusammenspiel der Religionen am jüdischen Gymnasium
Die Umstellung von der Grundschule auf das Gymnasium haben die Kinder gut verkraftet. Schüler Ever findet: "Das Gymnasium ist etwas interessanter als die alte Grundschule!" Yael bemerkt die überschaubare Anzahl der Schüler: "In der Grundschule waren viel mehr Kinder. Es ist für mich ganz neu, so eine ganz kleine Schule zu haben." Es ist eine familiäre Atmosphäre, in der die Schüler lernen. Wenn Schulleiter Bock durch die Gänge geht, kann er die meisten von ihnen beim Namen nennen. "Teilweise kenne ich aber ihre Großeltern besser", scherzt er.
90 Prozent der Schüler sind jüdischen Glaubens, die meisten von ihnen haben osteuropäische Wurzeln. Für sie besteht auch die Möglichkeit, neben Deutsch, Englisch und Hebräisch Unterricht in Russisch zu nehmen. Das Albert-Einstein-Gymnasium ist eine Ganztagsschule, der Unterricht endet in der Regel um 16.00 Uhr. Nur Freitags haben alle früher frei – nach der Sabbatfeier in der Mensa, bei der die Ritualien des jüdischen Ruhetags vorverlegt werden.
Die christlichen Kinder brächten sich im jüdischen Religionsunterricht sehr gut ein, so Religionslehrerin Guggenheim. Dort lernten die Kinder die Inhalte des jüdischen Alltags, der Feste, der Geschichte und Philosophie. Auch beim Beten hätten die christlichen Kinder keine Berührungsängste, so Schulleiter Bock. Man könne zwar die jüdischen Segenssprüche nicht mit dem Gebet in der Kirche vergleichen, trotzdem könne jeder Gottesgläubige etwas damit anfangen.
Sicherheit im Schulalltag
Nicht nur der Religionsunterricht, sondern auch die Sicherheitskontrollen vor dem Eingang der Schule sind für die christlichen Schüler und auch einige der jüdischen Kinder neu. Um sicherzustellen, dass keine unbefugten Personen in das Gebäude gelangen, überwacht der Sicherheitsdienst der Düsseldorfer jüdischen Gemeinde den Komplex. Für Orli ist das noch ziemlich ungewohnt: "Es ist komisch, weil ich nicht daran gewöhnt bin, dass irgendwelche Leute vor der Schule stehen und uns kontrollieren!" Yael aber kennt das Prozedere schon: "Das ist eigentlich ganz normal. Ich bin schon seit dem Kindergarten in der jüdischen Gemeinde. Ich kenne das."
Michael Bock allerdings wäre es lieber, wenn solche Maßnahmen erst gar nicht nötig sein müssten. Die Auflagen bekäme er von er Stadt und dem Land NRW, es gebe schließlich ein grundsätzliches Gefahrenpotenzial. "Die meisten Schüler sind aus der jüdischen Grundschule und dem Gemeindeleben daran gewöhnt. Natürlich ist es für die Schüler, die von außerhalb kommen, etwas gewöhnungsbedürftig." Andererseits kämen Eltern auf ihn zu, die ihr Kind gerne auf das jüdische Gymnasium schickten, weil sie davon ausgingen. dass die Schüler hier sicher seien.
Für die Zukunft hat Bock große Pläne: In fünf Jahren will er in ein neues Schulgebäude einziehen – der umgewandelte Bürokomplex dient nur als Übergangslösung. Dann sollen bis zu 700 Schülern am Albert-Einstein-Gymnasium als staatlicher Ersatzschule lernen können.