DOMRADIO.DE: Aus welcher Zeit stammt das Kloster?
Prof. Barbara Schock-Werner, ehem. Dombaumeisterin Köln: Aus dem 12. Jahrhundert. Die Krypta ist noch aus dem 11. Jahrhundert und wir wissen, dass es noch etwas vorher gab. Die Krypta gehört zu dem Bau, den die berühmte Königin Richeza, die Enkelin Kaiser Ottos des Zweiten, dort gebaut hat.
Vielleicht stecken auch im Turm noch Reste ihres Baus drin. Das, was man sieht, im Kreuzgang und in der Kirche, ist wesentlich aus dem 12. Jahrhundert. Die Gebäude sind dann aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Im 19. Jahrhundert kam für die Abtei ein Armenhaus dazu, was ein ziemlich beängstigender Bau ist.
DOMRADIO.DE: Warum?
Schock-Werner: Damals gab es bestimmte Frauen, die als "Streunerinnen" bezeichnet wurden. Sie waren Obdachlose, Prosituierte oder psychisch Kranke. Im Keller gab es Käfige – wenn die Frauen randalierten wurden sie eingesperrt. Das ist ja etwas, was uns heute völlig fremd ist: psychisch kranke Frauen mit Prostituierten zusammenzustecken und sie dann gar in Käfige zu stecken. Unter anderem saß in Brauweiler im 20. Jahrhundert auch Rosemarie Nitribitt ein, was bei ihr auch keine Besserung hervorgerufen hat.
DOMRADIO.DE: Die Baugeschichte, das haben Sie gesagt, hat sich immer wieder verändert. Diese ganzen komplizierten Vorgänge, die im Laufe der Jahrhunderte geschehen sind, so darzustellen, dass jeder sie verstehen kann. Wie haben Sie das angepackt?
Schock-Werner: Das war mein großer Ehrgeiz. Es gibt genügend Literatur über Brauweiler, aber die ist schwer verständlich. Diese komplizierten Vorgänge so zu beschreiben, dass sie normal interessierte Menschen auch nachverfolgen und verstehen können. Komplizierte Dinge einfach zu erklären ist bekanntlich das Schwerste was es gibt. Ich hoffe, es ist mir ein bisschen gelungen.
DOMRADIO.DE: Was ist denn das Besondere an der Architektur der Abtei Brauweiler und das besonders Schöne?
Schock-Werner: Wir befinden uns da im 12. Jahrhundert. Da wurde in Köln fast an jeder romanischen Kirche gebaut und man hat auch in Brauweiler einzelne Abschnitte, die fantastisch sind. Aber es passt alles nicht zusammen. Man sieht immer wieder, dass die Höhen springen und solche Dinge. Man hat wieder aufgehört und wieder angefangen – das ist an dem Bau abzulesen. Trotz der hohen Qualität der einzelnen Abschnitte und trotz vor allem der überwältigenden Qualität der Skulptur in Brauweiler.
DOMRADIO.DE: Die Abtei ist keine Einheit und trotzdem ist es eine so gut erhaltene und schöne Klosteranlage. Wie passt das zusammen?
Schock-Werner: Das ist eben das Besondere an Brauweiler, dass sie die Qualität im Detail aber nicht zusammenführen konnten. Wobei sicher dem normalen Besucher gar nicht so sehr auffällt, dass es immer holpert. Wenn man sich aber ein bisschen in Architektur eingesehen hat, dann sieht man das sehr gut.
DOMRADIO.DE: Welcher Orden hat denn dort gelebt und gewirkt?
Schock-Werner: Das ist ein Benediktinerkloster gewesen, deshalb steht auch am Eingang des barocken Teils des Gebäudes der heilige Benedikt.
DOMRADIO.DE: In Ihrem Bildband über die Abtei Brauweiler sind ganz besondere Bilder enthalten. Welche?
Schock-Werner: Florian Monheim, der die Aufnahmen gemacht hat, ist sicher der beste Architektur- oder Kirchenfotograf. Er hat einen großen Sinn dafür und seine Bilder weisen eine hohe Qualität auf. Zum Beispiel, Kapitelle aus dem Chor, die immerhin in den Umkreis des berühmten Samson Meisters, um das 12. Jahrhundert. Die kann man an Ort und Stelle kaum sehen. Aber im Bildband sind sie jetzt plötzlich groß und scharf abgebildet.
Man sieht tatsächlich Dinge, die man beim Besuch der Kirche nicht so perfekt sehen kann. Dazu die hohe Qualität der Bilder, das Layout und der fabelhafte Druck des Buches, machen den Bildband zu einem Erlebnis.
Der Bildband über die Abtei Brauweiler mit dem Titel "Abtei Brauweiler" ist im Greven Verlag Köln erschienen und kostet 28 Euro (ISBN 978-3-7743-0900-5).
Das Interview führte Dagmar Peters.