Im Mittelpunkt: Stoibers Abschied von der großen politischen Bühne

Politischer Aschermittwoch von Nord bis Süd

Der geplante Rückzug von CSU-Chef Edmund Stoiber hat in diesem Jahr die traditionellen Aschermittwochs-Kundgebungen in Niederbayern geprägt. Dabei attackierte Stoiber in Passau nicht nur die SPD, sondern verteilte auch Seitenhiebe in Richtung CDU. Seine eigene Partei rief der Ministerpräsident zur Geschlossenheit auf. Der bayerische Wirtschaftsminister Erwin Huber warb in Passau für seine Wahl zum neuen CSU-Chef. Sein Konkurrent, Bundesagrarminister Horst Seehofer, hatte die Teilnahme an der Veranstaltung abgesagt. SPD-Chef Kurt Beck kritisierte in Vilshofen, die CSU falle derzeit bundespolitisch weitestgehend als gestaltende Kraft aus.

 (DR)

Stoiber betonte vor rund 6000 Zuhörern, die CSU sei "die einzige deutsche Volkspartei". Nur sie schaffe es regelmäßig, mehr als die Hälfte der Wähler zu gewinnen und damit die "notwendige Gesamtbreite" des Volkes zu vereinigen. Wichtig sei dabei das wertkonservative Profil der CSU.

Stoiber mahnte mit Blick auf die CDU, die Union dürfe sich nicht mit bundesweit 33 oder 37 Prozent zufrieden geben. Vielmehr müsse sie so stark werden, dass in Deutschland gegen sie nicht regiert werden könne.

Der SPD warf Stoiber eine "absurde" Haltung in der Energiepolitik vor. Es sei ein "absoluter Schmarr'n", dass die Sozialdemokraten am Atomausstieg festhalten wollten. Der CSU-Chef fügte hinzu, die Union brauche von den Bürgern das Mandat, dass sie die große Koalition "spätestens 2009" wieder verlassen könne.

Stoiber warnte zudem Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) in der Diskussion um die Kinderbetreuung vor einer zu starken Annäherung an SPD-Positionen. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass die Union nur noch das Familienmodell der erwerbstätigen Frau fördern wolle. Der CSU-Chef mahnte: "Die Union steht nicht für politische Zwangsbeglückung - und genau dafür muss die CSU Garant sein."

SPD-Chef Beck betonte vor rund 800 Zuhörern, von der Leyen mache bereits sozialdemokratische Politik. Er nehme an, "dass sie morgen oder übermorgen zu mir kommt und sagt: Gib' mir euer Parteibuch, ich halte es in unserem Laden nicht mehr aus". Beck forderte zugleich die CSU-Spitze auf, für Ordnung in den eigenen Reihen zu sorgen. Eine Partei, die sich so benehme wie derzeit die CSU, sei "von innen her zutiefst morsch".

Der bayerische SPD-Chef Ludwig Stiegler sagte: "Der Machtkampf bei der CSU wird ausgetragen wie bei der Mafia, nur etwas zivilisierter. An die Stelle des Mordes ist der Rufmord getreten." Bayerns SPD-Fraktionschef Franz Maget mahnte, der Freistaat habe Besseres verdient als eine CSU-Regierung, die in Berlin ausgelacht werde.

Huber sagte, er kandidiere als "Mann der Mitte und als Mann der Basis" für den CSU-Vorsitz. Dabei reiche er Seehofer die Hand. Die CSU brauche die "soziale Kompetenz" und das "politische Gewicht" des Bundesagrarministers. Huber betonte zugleich, er bilde gemeinsam mit dem designierten Ministerpräsidenten Günther Beckstein (CSU) ein "Tandem".

Stoiber erhielt für seine fast dreistündige Rede viel Beifall. Pfiffe gab es dagegen bei der Ankunft der Fürther CSU-Landrätin Gabriele Pauli, die mit ihrer Kritik an Stoiber dessen Rückzug mit eingeleitet hatte. Auch "Pauli raus"-Sprechchöre waren zu hören.

Bei der FDP-Kundgebung in Passau kritisierte Generalsekretär Dirk Niebel den Machtkampf um den CSU-Vorsitz. Bayern sei ein zu großes und wichtiges Land, als dass es über Monate hinweg "nicht regiert werden" könne. Bei den Grünen sagte Ex-Bundesumweltminister Jürgen Trittin: "Gegen die CSU sind Bandenkriege auf St. Pauli Fairplay."


Schlagabtausch am Politischen Aschermittwoch auch in NRW
Zu einem Fernduell zwischen Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) und seiner designierten SPD-Herausforderin Hannelore Kraft kommt es heute Abend bei den traditionellen Politischen Aschermittwochveranstaltungen in Nordrhein-Westfalen. Der CDU-Landesvorsitzende Rüttgers spricht in der Schützenhalle im sauerländischen Lennestadt-Kirchveischede. Kraft wird wenige Wochen nach ihrer Wahl zur SPD-Landesvorsitzenden beim Aschermittwoch im westfälischen Schwerte auftreten.

Zu beiden Veranstaltungen werden jeweils rund 500 Gäste erwartet. In Köln findet wieder der Politische Aschermittwoch der nordrhein-westfälischen Grünen statt. Als Rednerin wird die stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion und frühere NRW-Umweltministerin, Bärbel Höhn, erwartet.