Die Veranstaltung war als "Gebet" tituliert worden und wurde auch von Geistlichen angeführt. Medien berichteten übereinstimmend von rund 20.000 Teilnehmenden.
Kritiker der Veranstaltung strichen die Nähe der Protestierenden zur Russland-freundlichen politischen Opposition hervor. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj äußerte sich laut einem Bericht des Portals "orthodoxtimes" kritisch.
Besuch von Patriarch Bartholomaios im August
Die Proteste sind laut Beobachtern auch in Zusammenhang mit dem im August anstehenden Besuch von Patriarch Bartholomaios in Kiew zu verstehen. Der Ökumenische Patriarch möchte anlässlich des 30. Jahrestages der Unabhängigkeit der Ukraine (24. August) das Land besuchen.
Bei den Protesten wurde der ukrainische Präsident aufgefordert, die Einladung an den Ökumenischen Patriarchen zurückzuziehen; "im Namen des Friedens und besonders des religiösen Friedens in der Ukraine", wie es hieß.
Weltorthodoxie zur Kirchenfrage in der Ukraine gespalten
In der Ukraine gibt es zwei große orthodoxe Kirchen, die miteinander konkurrieren: Die Ukrainisch-orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats (UOK-MP) und die Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU), die vom Ökumenischen Patriarchat bzw. Patriarch Bartholomaios 2019 die Autokephalie (Unabgängigkeit) erhielt. Die Weltorthodoxie ist seither in der Frage gespalten, welche Kirche die kanonisch anzuerkennende ist.
Die UOK-MP ist in inneren Angelegenheiten relativ autonom, gehört letztlich aber zum Moskauer Patriarchat (Russisch-orthodoxe Kirche). Die UOK-MP ist nach wie vor die mit Abstand größte Kirche im Land; die OKU folgt als zweitgrößte Kirche.
Immer wieder kommt es auch in einzelnen Pfarreien zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der beiden Kirchen. Die Gläubigen einer Pfarrei können laut ukrainischem Gesetz mit Zwei-Drittel-Mehrheit den Übertritt der Gemeinde zu einer anderen Konfession beschließen. Beide orthodoxen Kirchen beschuldigen sich gegenseitig, unlautere Mittel im Kampf um Kirchengemeinden einzusetzen.