Im Senegal stehen die Zeichen auf einen Machtwechsel

Sensation möglich

Ein neuer Flughafen, eine Autobahn und ein Denkmal, das Millionen kostet. Die Kritik an Präsident Wades Prestigeprojekten wächst im Senegal. Am Sonntag könnten die Wähler ihm dafür die Quittung geben, die Stichwahl um das Präsidentenamt hat begonnen.

Autor/in:
Bettina Rühl
 (DR)

Die Stichwahl am Sonntag im Senegal könnte eine kleine Sensation werden: Wenn die Zeichen nicht trügen, sind die Tage des 85-jährigen Präsidenten Abdoulaye Wade im Amt gezählt. Sein Herausforderer Macky Sall (50) hat gute Chancen auf den Sieg. Und das nach wochenlangen gewaltsamen Protesten gegen die erneute Kandidatur Wades, obwohl die Verfassung keine weitere Amtszeit mehr zulässt.



Sall hat den Rückhalt aller anderen zwölf Gegenkandidaten, die im ersten Wahlgang vom 26. Februar ausgeschieden sind. Bekommt er jetzt alle ihre Stimmen, kann er auf etwa 60 Prozent der rund fünf Millionen Wähler hoffen. Die Spannung ist groß.



Einst als Mann des Wandels gewählt

Wochenlang waren vor allem junge Senegalesen auf die Straßen gegangen. Bei gewaltsamen Demonstrationen protestierten sie gegen Wade, der mit einem juristischen Schlupfloch seine dritte Kandidatur zu rechtfertigen suchte. Der Oberste Gerichtshof gab ihm grünes Licht. Dabei habe er die Richter selbst berufen, sagen Kritiker.



Die Proteste galten als Zeichen für die Lebendigkeit der Demokratie, die als mustergültig galt. Der Senegal gehört zu den wenigen afrikanischen Ländern, in denen das Militär seit der Unabhängigkeit 1960 noch nie geputscht hat. Auch dass sich die Opposition für die Stichwahl auf eine klare Empfehlung einigen konnte, spricht für eine reife Demokratie.



Wade wurde einst selbst als Mann des Wandels gewählt, als er im Jahr 2000 Präsident wurde. Nun enttäuschte er die meisten Erwartungen. Je älter er wurde, desto ambitionierter und teurer wurden seine Bauprojekte, wie der neue Flughafen von Dakar und die Autobahn in den Norden. Obwohl die Bevölkerung unter der wirtschaftlich schlechten Lage, den steigenden Preisen und der hohen Arbeitslosigkeit litt.



Realitätsverlust und Gigantomanie

Wades Projekte erscheinen vielen Senegalesen als Zeichen von Realitätsverlust und Gigantomanie. Zum Beispiel die 52 Meter hohe Bronzestatue, die der Präsident für 15 Millionen Euro in Dakar errichten und zum 50. Jahrestag der Unabhängigkeit im April 2010 enthüllen ließ. Die Statue sei ein "ökonomisches Monster" und ein finanzieller Skandal in Zeiten der wirtschaftlichen Krise, zumal die Hälfte der 13 Millionen Einwohner unterhalb der Armutsgrenze lebe, hieß es.



Der ehemalige Ministerpräsident Sall war lange Wades Vertrauter. Zum Bruch zwischen den beiden Politikern kam es, weil der Präsident versuchte, seinen Sohn Karim als seinen Nachfolger aufzubauen und ihm wichtige Ämter übertrug. Sall zeigte viel Mut, als er es 2009 wagte, den unantastbaren "Kronprinzen" Karim Wade vor das Parlament zu bestellen, um dessen Umgang mit den Staatsfinanzen zu erforschen. Dies trug ihm viel Respekt ein.