Immer mehr Kinder in Deutschland werden außerehelich geboren

Jedes Dritte Kind

Ein Drittel der im vergangenen Jahr in Deutschland zur Welt gekommenen Babys sind außerehelich geboren worden. Ihr Anteil an allen Neugeborenen hat sich in Deutschland seit 1990 mehr als verdoppelt.

Autor/in:
Juliane Matthey
Ehepaar mit mehreren Kindern / © Ingo Wagner (dpa)
Ehepaar mit mehreren Kindern / © Ingo Wagner ( dpa )

1990 waren es nur 15 Prozent gewesen, wie das Statistische Bundesamt am Freitag in Wiesbaden mitteilte. Seit 2009 stieg der Anteil um 0,5 Prozentpunkte auf 33 Prozent. Die meisten jungen Menschen in Deutschland wünschten sich Kinder, doch eine Heirat gehöre nicht mehr zwangsläufig dazu, sagte die Demografin Michaela Kreyenfeld vom Rostocker Max-Planck-Institut für demografische Forschung.

Zwischen Ost und West verzeichneten die Statistiker erhebliche Unterschiede. Während 2010 in den neuen Bundesländern mit 61 Prozent die meisten Neugeborenen nicht verheiratete Eltern hatten, ist im Westen (27 Prozent außerehelich Geborene) die Ehe der Eltern nach wie vor der Regelfall. Die Gründe für diesen großen Unterschied liegen Kreyenfeld zufolge in der ehemaligen DDR-Gesetzgebung, die ledige Mütter unterstützte, in der häufigeren Erwerbstätigkeit ostdeutscher Frauen sowie in der hohen kulturelle Akzeptanz unverheirateter Elternschaft in den neuen Bundesländern.

Zwischen den einzelnen Bundesländern sind die Unterschiede noch größer: Die meisten nicht ehelichen Kinder wurden in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern (je 64 Prozent) sowie Brandenburg (62 Prozent) geboren. Die niedrigsten Quoten gab es in Baden-Württemberg (22 Prozent), Hessen und Bayern (je 26 Prozent). Überdurchschnittlich viele Babys nicht verheirateter Eltern gab es in den alten Bundesländern vor allem in Bremen (39 Prozent), Hamburg (36 Prozent) und Schleswig-Holstein (35 Prozent).

Oft wird nach dem ersten Kind geheiratet

Nicht verheiratet sind die Eltern vor allem beim ersten Kind, wie die Statistik weiter zeigt: Unter den Erstgeborenen hatten 2010 rund 43 Prozent nicht miteinander verheiratete Eltern, wobei es im Westen 36 Prozent und im Osten 74 Prozent waren. Die Zahlen lassen vermuten, dass Paare oft nach der Geburt eines gemeinsamen Kindes heiraten: Bei 20 Prozent der Eheschließungen im Jahr 2010 gab es schon mindestens ein gemeinsames voreheliches Kind, wobei es in den neuen Bundesländern 36 Prozent und im alten Bundesgebiet 16 Prozent waren. Das war vor 20 Jahren noch nicht so: 1991 hatten nur 8 Prozent der Brautpaare schon gemeinsamen Nachwuchs.

Im EU-Vergleich werden in Deutschland unterdurchschnittlich viele Kinder außerhalb einer Ehe geboren. Der EU-weite Durchschnitt lag 2009 bei 38 Prozent. Dabei waren die Unterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten immens: Am höchsten war der Anteil der außerehelichen Geburten in Estland (59 Prozent), am niedrigsten in Griechenland (7 Prozent). Anteilig so viele nicht eheliche Kinder wie in Ostdeutschland wurden in keinem EU-Land geboren.

In Zukunft werden nach Kreyenfelds Ansicht noch mehr Kinder in Deutschland nicht ehelich geboren werden. Sie gehe davon aus, dass in Westdeutschland künftig noch weniger oft geheiratet werde und der Anteil der nicht ehelichen Kinder weiter steigen werde, sagte die Wissenschaftlerin. Für Ostdeutschland erwarte sie, dass bald "ein Plateau erreicht" sei. Auch eine "Trendumkehr" mit künftig leicht sinkenden Zahlen sei dort möglich. (07/2017)