Importierte Mönche für Kloster Neuzelle

"Seid Ihr Nonnen ohne Schleier?"

Seit über 200 Jahren hat es im Kloster Neuzelle in Brandenburg kein Ordensleben gegeben. Nun entsteht hier eine Außenstelle des österreichischen Zisterzienser-Klosters Heiligenkreuz. Die ersten vier Mönche sind bereits eingezogen.

Zisterzienser mit Bischof Ipolt in Neuzelle / © Renardo Schlegelmilch (DR)
Zisterzienser mit Bischof Ipolt in Neuzelle / © Renardo Schlegelmilch ( DR )

Der Gesang zum Mittagsgebet klingt noch etwas zaghaft. Kein Wunder, wenn zwei Stimmen mit zur zwei Sängern zur Verfügung stehen. Die Brüder stehen hoch über dem Eingang der reichlich verzierten, barocken Wallfahrtskirche in Neuzelle. Der Ort liegt im Süden Brandenburgs, nur drei Kilometer vor der polnischen Grenze.

Ordensbrüder hier im Stadtbild zu sehen ist schon ungewöhnlich, erklärt Frater Aloysius Maria, der für den Haushalt zuständig ist. "Auf dem Weg zum Chorgebet hat mich ein ganz aufgewecktes Kind angesprochen: ‚Seid Ihr Nonnen ohne Schleier?‘ 'So ähnlich', habe ich gesagt. Auch beim Einkauf kam ein älterer Herr auf mich zu. ‚Schön, dass ihr da seid, aber ich halte es eher mit Karl Marx, der war doch erfolgreicher.‘ Ich habe entgegnet, dass Marx auf lange Sicht ja auch nicht wirklich erfolgreich war."

Erste Mönche seit zwei Jahrhunderten

Das Kloster wurde in den vergangenen 200 Jahren zum Museum und zur Begegnungsstätte umgewandelt. Für die Mönche muss deshalb erst mal improvisiert werden. Die ehemaligen Klosterzellen werden heute anderweitig genutzt. Deshalb wohnen die vier Brüder jetzt erst einmal im Pfarrhaus. Ein wirklich erfülltes Glaubensleben in Stille und Abgeschiedenheit könne man so allerdings nicht führen, gestehen die Brüder ein. Eine Übergangslösung, auch weil sich bald die nächsten Brüder aus dem Wienerwald nach Brandenburg aufmachen sollen.

Eingesetzt werden die Brüder unter anderem für den Religionsunterricht an der nahegelegenen Schule. Auch im Kindergarten sind sie bei Eltern, Kindern und Betreuern gerne gesehen. Im Moment ist ein Großteil der Arbeit allerdings organisatorisch. Die vier Brüder aus Österreich, die übrigens allesamt deutsche Staatsbürger sind, wünschen und hoffen, dass aus ihnen mal eine eigenständige Abtei wird. Der Weg dahin ist aber lang. Pater Simeon, der mal Abt werden soll, ist aber zuversichtlich: "Das ist wie eine Ehe, da geht man ja auch nicht mit dem Gedanken ran, ob es denn klappt oder schief geht. Wir sind hoffnungsvoll."

Ordensbrüder in der Diaspora

Die Katholiken sind in der Region mit drei Prozent eine verschwindend geringe Minderheit. Auch deshalb war es dem Bistum Görlitz wichtig, den Ort Neuzelle als katholische Präsenz zu stärken. Die Ansiedlung der Mönche geht auf das persönliche Engagement von Bischof Wolfgang Ipolt zurück. Er kennt den Ort sehr gut, da er hier einen Teil seiner Priesterausbildung absolviert hat. "Neuzelle ist unser Wallfahrtsort, ein katholisches Zentrum. Deshalb war es mir wichtig, dass das Kloster auch innerlich und spirituell mit neuem Leben erfüllt wird."

Vorbehalte gibt es wenige im Ort Neuzelle mit gut 4.000 Einwohnern. Bedenken dafür schon. Unter anderem bei der Stiftung, die das Museum im Kloster betreibt. Auch die Klosterbrauerei, die mit dem Schwarzbier "Schwarzer Abt" wirbt, muss sich auf die Nachbarschaft der Mönche einstellen. Die meisten sehen die Ordensbrüder aber dann doch mehr als Chance. So hat die Brauerei zur Begrüßung der neuen Mönche eine Sonderedition ihres Bieres rausgebracht. Bischof Ipolt versucht, die letzten Bedenken der Bewohner von Neuzelle zu nehmen: "Es gibt weniger Widerstand als Unwissenheit, Fragen oder Sorgen. Wie wird das unseren Ort verändern? Ich kann das auch nachvollziehen. Ein Kloster ist etwas Fremdes für die Menschen in Brandenburg. Dem müssen wir mit Offenheit entgegenwirken."

Die Brüder merken nach eigenen Angaben wenig von Vorbehalten in der Bevölkerung. Überhaupt sei die Situation in der Diaspora Ostdeutschlands nicht wirklich anders, als die im Rheinland, in Bayern oder in Österreich. Die Fragen seien überall die gleichen. Pater Simeon: "Der Glaubenshunger, die Sinnfragen sind inzwischen überall die gleichen. Ich habe hier geistliche Gespräche mit sogenannten Atheisten geführt, die länger und tiefer waren als anderswo."


Kloster Neuzelle / © Renardo Schlegelmilch (DR)
Kloster Neuzelle / © Renardo Schlegelmilch ( DR )

Klosterkirche Neuzelle / © Renardo Schlegelmilch (DR)
Klosterkirche Neuzelle / © Renardo Schlegelmilch ( DR )
Quelle:
DR
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