Internationale Bischofsgruppe beendet Heilig-Land-Besuch

Am Puls der Nahost-Realität

Bischöfe aus Europa, Nordamerika und Südafrika fordern eine Verbesserung der humanitären Lage im Gazastreifen. Gaza sei ein von Menschen verursachtes Desaster, kritisierten sie zum Abschluss ihres Besuchs Heiligen Land.

Autor/in:
Andrea Krogmann
Gaza-Grenzzaun (dpa)
Gaza-Grenzzaun / ( dpa )

Sie haben hingehört: beim Besuch in der katholischen Pfarrei Gaza, beim Mittagessen mit diplomatischen Vertretern in Tel Aviv, bei der Begegnung mit Studierenden in Bethlehem und dem Treffen mit Schülerinnen in Jerusalem. 13 Bischöfe aus neun Ländern hatten bei ihrem 14. Solidaritätsbesuch im Heiligen Land trotz straffen Programms ein offenes Ohr für die Christen vor Ort.

Es gab sie, die formellen Treffen mit den katholischen Kirchenführern in Jerusalem. Vor allem aber wollten sich die Bischöfe im Gespräch mit einheimischen Christen ein eigenes Bild machen. Erstmals in der Geschichte der jährlichen Reise waren die Bischöfe und ihre Begleiter Gaza, wo Katholiken eine verschwindende Minderheit im zahlenmäßig ohnehin marginalen christlichen Anteil der Bevölkerung darstellen: Zu Fuß überquerten sie den israelischen Kontrollpunkt Erez zum ansonsten abgesperrten Gazastreifen.

Eine Nacht später und nach mehr als zwei Stunden Sicherheitsprozeduren am Checkpoint waren sie wieder draußen. Der Fußmarsch durch den kilometerlangen Metallkorridor der Sperranlage, Gepäck- und Körperkontrollen gaben einen kleinen Einblick in eine Lebenswirklichkeit, in der zu den Privilegiertesten gehört, wer überhaupt eine Ausreisegenehmigung erhält. "Es ist gut und wichtig, diese demütigenden Erfahrungen einmal am eigenen Leib zu machen", sagte der Schweizer Pierre Bürcher, der als Bischof von Reykjavik die nordischen Bischofskonferenzen vertrat.

"Gaza ist ein von Menschen verursachtes Desaster "

"Gaza ist ein von Menschen verursachtes Desaster, ein schockierender Skandal, eine Ungerechtigkeit, die nach einer Lösung durch die internationale Gemeinschaft schreit", erklären die Bischöfe aus Europa, Nordamerika, Kanada und Südafrika am Ende ihres Aufenthalts.

Besuche in einem kirchlichen Berufsbildungszentrum in Gaza, in einem Zentrum für Taubstumme in Rafah und ein kurzer Blick auf Gazas einstige Hauptversorgungsquelle, die Schmugglertunnel im ägyptischen Grenzgebiet, hinterließen Gefühle der Rat- und Hoffnungslosigkeit.

"In Gaza herrscht eine doppelte Ausweglosigkeit: Die Menschen können das Land nicht verlassen, dazu kommt die wirtschaftliche Misere, die vor allem für die Jungen Perspektivlosigkeit bedeutet", formulierte es der deutsche Vertreter, der Rottenburger Weihbischof Thomas Maria Renz. Eindruck hinterließen aber auch die allen Schwierigkeiten zum Trotz "positive Ausstrahlung" und der Optimismus der jungen Palästinenser.

Selbstbewusst stellten sich Studierende der katholischen Universität Bethlehem und Schülerinnen der Schmidt-Schule in Ostjerusalem den Fragen der Bischöfe nach ihrer Einschätzung der politischen Lage, sprachen über die eingeschränkte Bewegungsfreiheit, mangelndes Vertrauen in Politik und Friedensgespräche, über das Glück guter Bildung und den Traum eines gerechten Friedens für Israelis und Palästinenser: "Letztlich sind wir alle Menschen und haben Träume!"

Die Träume der jungen Palästinenser und die Herausforderungen, denen die Christen im Heiligen Land gegenüberstehen, sie werden auch nach der Abreise der Solidaritätsgruppe bleiben. Man muss es mit eigenen Augen gesehen haben, lautet das Fazit der Bischöfe, die nach ihrem sechstägigen Besuch ihre Einsichten als Multiplikatoren in ihre Diözesen und Bischofskonferenzen tragen wollen.

Das solidarische Gebet ist den Menschen an der Wiege des Christentums sicher. Einen direkten Einfluss auf die Verbesserung der Lage haben die ausländischen Bischöfe jedoch kaum. Ihr jährlicher Besuch wird dennoch geschätzt im Heiligen Land. "Kommt, seht und berichtet über das Gute wie über das Übel, das ihr gesehen habt": Diese Worte gab nicht nur der lateinische Patriarch von Jerusalem, Fouad Twal, seinen Amtsbrüdern mit auf den Weg. "Erzählt von uns, erzählt!", hieß es auch in Gaza und Bethlehem. "Es ist wichtig für uns, dass ihr zu uns kommt und hinschaut. Wir können ja nicht ohne weiteres raus!"


Solidaritätsbesuch in Jerusalem (KNA)
Solidaritätsbesuch in Jerusalem / ( KNA )

Der Rottenburegr Weihbischof Renz in einem Berufsbildungszentrum in Gaza-Stadt (KNA)
Der Rottenburegr Weihbischof Renz in einem Berufsbildungszentrum in Gaza-Stadt / ( KNA )
Quelle:
KNA