DOMRADIO.DE: Als erster Papst besucht Franziskus die Arabische Halbinsel. Wie viel Aufmerksamkeit erhält Franziskus in der Bevölkerung?
Pfarrer Reinhod Sahner (Pfarrer der deutschsprachigen katholischen Gemeinde in Abu Dhabi): Die Aufmerksamkeit ist sehr groß. Schon seit der Ankündigung des Besuchs des Papstes ist jeden Tag in irgendeiner Zeitung ein riesiger Artikel und es werden Hintergrundinformationen über die Situation der Christen im Land gegeben. Am meisten aufgeregt sind die Katholikinnen und Katholiken, die Christinnen und Christen hier in den Emiraten. Es ist ein ungeheures Erlebnis. Niemand hätte je daran gedacht, dass es in unserem Lebenszeitraum noch passieren würde, dass ein Papst die Arabische Halbinsel besuchen kann.
DOMRADIO.DE: Der Islam ist Staatsreligion in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Rund 96 Prozent der Bevölkerung in dem Land ist muslimischen Glaubens. Die Christen sind also eine deutliche Minderheit. Wie frei können die ihren Glauben denn ausleben?
Sahner: Wir leben unseren Glauben sehr frei aus. Das Land, das heißt, die Regierungen der einzelnen Emirate, stellt uns Land zur Verfügung, auf dem wir unsere Kirchen bauen können. Innerhalb dieser Bezirke können wir uns frei versammeln, frei bewegen, wir können frei sprechen und wir können unseren Glauben wirklich frei ausüben. Auch außerhalb dieser Bezirke ist es möglich, in der Öffentlichkeit ein Kreuz zu tragen, einen Rosenkranz im Auto hängen zu haben oder im Café die Bibel zu lesen. Diese Selbstverständlichkeiten sind ein ganz deutliches Zeichen der Wertschätzung und der Toleranz gegenüber uns Christinnen und Christen.
DOMRADIO.DE: Bei Ihnen spricht Papst Franziskus auch bei einer interreligiösen Konferenz. Spüren Sie eine Annäherung von Christen und Muslimen?
Sahner: Ich würde zunächst einmal sagen, dass diese Annäherung schon seit vielen Jahren besteht. Schon vor der Gründung der Vereinigten Arabischen Emirate gab es im Land katholische Kirchen und katholische Schulen. Man ist es gewohnt, mit Christinnen und Christen zu sprechen. Diese Annäherung ist in den letzten Jahren natürlich intensiviert worden. Wir sind eine Glaubensgemeinschaft, die von den Autoritäten hier im Land gesehen wird und die als zuverlässiger Partner wertgeschätzt wird.
DOMRADIO.DE: Die Vereinigten Arabischen Emirate arbeiten mit Ägypten im Konflikt mit dem Jemen zusammen, haben auch im Nahost-Konflikt ihre Finger im Spiel. Hat der Besuch des Papstes denn auch politische Dimensionen?
Sahner: Er hat sicherlich auch eine politische Dimension. Die Emirate haben in ihrer Außenpolitik verstärkt deutlich gemacht, dass sie ein Global Player sein möchten, dass sie dazu beitragen möchten, ihr Modell vom friedlichen Miteinander verschiedener Religionen in dieser Region bekannt zu machen.
Das Interview führte Verena Tröster.