Iran droht den Bahai und anderen religösen Gruppen mit Tod und Verfolgung

Neuer Ethnozid?

Sie sind eine der größten religiösen Minderheiten im Iran. Rund 350.000 Gläubige zählen im Iran zur Gruppe der Bahai. Und obwohl ihre Religion eng mit dem persischen Kulturraum verbunden ist, werden ihre Grundrechte im Iran immer stärker eingeschränkt. Ein neuer Gesetzentwurf sieht jetzt sogar die Todesstrafe für so genannte "Abtrünnige" vor. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (gfbv) rede vom Ethnozid, sagte Christian Zimmermann im domradio Interview.

 (DR)

Die Gesellschaft für Bedrohte Völker beobachtet seit dem Amtsantritt von Präsident Mahmud Ahmadineschad eine massive Verschlechterung der Situation: "Sie werden verhaftet, gefoltert, unter Druck gesetzt und zur Abkehr vom Glauben gezwungen.

Erst am Wochenende war die gesamte Führungsriege der Bahai im Iran verhaftet und in das berüchtigte Evin-Gefängnis eingewiesen worden. Ein Vorgehen, das an das Revolutionsjahr 1979 erinnert, als der Geistige Rat verschleppt wurde und viele später hingerichtet wurden. Der Iran wirf den Bahai vor, gegen die Interessen des Landes gearbeitet zu haben und Verbindungen zu ausländischen Mächten - "vor allem zu Zionisten" - unterhalten zu haben.

Die Nationalversammlung der Bahai in Deutschland hat Angela Merkel und den Bundestag um Hilfe gebeten. "Eine direkte Intervention der Bundesregierung in Teheran für eine Aufhebung dieser Verhaftung ohne konkrete Schuldangabe könnte in dieser schicksalsschweren Stunde von großer Bedeutung sein und helfen, weitere Maßnahmen der iranischen Regierung in dieser äußerst gefährlichen Situation zu verhindern", heißt es in dem Schreiben.

Keine islamische Sekte
Das Bahaitum ist eine autonome Religion, die von der UN anerkannt ist und weltweit gut 5 Millionen Mitglieder zählt. Die Glaubensgemeinschaft ist auf islamischen Boden entstanden. Im Selbstverständnis der Bahai steht ihre Religion zum Islam im gleichen Verhältnis, wie das Christentum zum jüdischen Glauben.

Zentral ist der Glaube an einen transzendenten Gott. Ihren persischen Religionsstifter (Bahá'u'lláh, 1817 bis 1892) sehen sie auf gleicher Stufe wie Mohammed oder Jesus Christus. Nach eigenem Bekunden stimmen die Bahai in ihren ethischen Kernaussagen mit den anderen Hochreligionen überein. Alle Weltreligionen werden von ihnen anerkannt.

"Aus dem shiitischen Islam hervorgegangen, von den Ayatollahs als schädliche Häresie betrachtet, von anderen als Sekte abgewertet, ist das Bahaitum heute in Wirklichkeit eine Religion weltweiter Dimension und vom Islam völlig unabhängig. Es ist ein 'abrahamitischer Monotheismus' eigener Prägung. Wegen seiner eigenständigen  Lehren verdient es Interesse, schreibt der Orientalist Christian Cannuyer über die Bahai. Cannuyer ist Professor an der Katholischen Universität von Löwen in Belgien.