Das erklärte Khorchide am Donnerstagabend in Essen bei einem Symposium. Auf dieser Grundlage sei es sein Wunsch, "den Islam in die Moderne einzubringen und nicht die Moderne in den Islam", sagte der Leiter des Zentrums für Islamische Theologie an der Universität Münster.
Khorchide kritisierte einen starken Absolutheitsanspruch des Islam weltweit, der anderen Strömungen oder Religionen das Recht auf eine eigene Wahrheit in ihrem jeweiligen Glauben abspricht. "Das liefert Gruppen wie dem IS oder anderen die Grundlage für Gewalt", sagte der Vorsitzende des 2015 gegründeten und dem liberalen Islam zugerechneten Muslimischen Forums Deutschland.
Neigung zu einer "Verrechtlichung" des Islams
Zugleich beobachte er eine starke Neigung zu einer "Verrechtlichung" des Islams auf Kosten echter Spiritualität, etwa in Bezug auf die Einhaltung von Regeln bei Kleidung, Gebet oder Lebensstil.
Sowohl historisch als auch aktuell sieht Khorchide eine Wechselwirkung zwischen dem Islam und der jeweiligen politischen Struktur. "Er wurde von Anfang an stark politisch instrumentalisiert", sagte der Wissenschafter. Grundsätzlich liefere ein "monologisches Gottesbild" mit Gott als absoluter Autorität "die ideologische Unterfütterung eines diktatorischen Staates".
Demgegenüber gehe ein "dialogisches Gottesbild" von der Freiheit, Individualität und Selbstbestimmung des Menschen aus, sagte der Reformtheologe.