Israels Parlament hat am Montag ein umstrittenes Gesetz gebilligt, mit dem Tausende von Siedlerwohnungen auf palästinensischem Privatland legalisiert werden. 60 der 120 Abgeordneten stimmten in dritter und letzter Lesung für das Gesetz; 52 votierten dagegen. Die übrigen Abgeordneten waren abwesend, darunter auch der konservative Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.
In einer ersten Reaktion sprach PLO-Generalsekretär Saeb Erekat in der Nacht zum Dienstag vom "Ende der Zwei-Staaten-Lösung" in Nahost. "Während Tausende von Palästinensern im belagerten Gazastreifen von israelischen Bombenangriffen terrorisiert werden, hat das israelische Parlament gerade ein Gesetz verabschiedet, das den Dienstahl palästinensischen Landes legalisiert. Plündern ist illegal", wurde Erekat von der israelischen Online-Zeitung "Haaretz" zitiert. "Niemand sollte am Willen der israelischen Regierung zweifeln, jegliche Chance auf eine friedliche Lösung zu zerstören." Israelische Kampfjets und Artillerie griffen am Montag Stellungen der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen an, wie am späten Abend aus palästinensischen Quellen verlautete. Drei Menschen seien verletzt worden.
Rückwirkend genehmigt
Husam Zomblot, Berater von Palästinenserpräsident Mahmut Abbas, sah in dem Gesetz ebenfalls ein Ende aller Friedensbemühungen. Das Gesetz zerstöre jede Chance auf eine Zwei-Staaten-Lösung und "wird die Strategie der internationalen Gemeinschaft zur Konfliktlösung (in Nahost) zu Fall bringen", zitierte ihn "Haaretz".
Rund 4000 Wohnungen israelischer Siedler im besetzten Westjordanland werden mit dem Gesetz rückwirkend genehmigt, obwohl sie widerrechtlich auf privaten Grundstücken von Palästinensern gebaut wurden. Ultrarechte Politiker wollen damit weitere Räumungen wilder Siedlungen verhindern. Das Gesetz sieht eine Entschädigung der palästinensischen Besitzer vor. Das höchste Gericht Israels könnte es noch kippen.
Generalstaatsanwalt warnt vor Gesetz
Netanjahu hatte gesagt, man wolle mit dem Gesetz die Besiedlung des Westjordanlands "ein für alle Mal regeln". Seit dem Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Donald Trump im vergangenen Monat hat Israel bereits den Bau von mehr als 5000 neuen Siedlerwohnungen und einer ganz neuen Siedlung angekündigt.
Israels Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit hat allerdings gewarnt, das neue Gesetz verstoße gegen israelisches Recht und er werde es nicht vor Gericht verteidigen. Außerdem hat er die Sorge geäußert, das Gesetz könne Munition liefern für Klagen gegen Israelis vor dem Internationalen Strafgerichtshof. Oppositionsführer Izchak Herzog beschrieb das Gesetz am Montag als "große Katastrophe für das israelische Volk".
Kritik von Menschenrechtsorganisationen
Israelische Friedens- und Menschenrechtsorganisationen kündigten ein juristisches Vorgehen an. Das Oberste Gericht des Landes könnte das Gesetz noch kippen. Die Annahme des Gesetzes kurz nach der jüngsten UN-Resolution zum israelischen Siedlungsbau sei "ein Schlag ins Gesicht der Internationalen Gemeinschaft", betonte die Menschenrechtsorganisation B'Tselem. Peace Now kritisierte, Ministerpräsident Netanjahu habe die Zukunft Israels in die Hände einer extremistischen Minderheit gelegt und ermögliche mit dem Gesetz Landraub, die Gefährdung israelischer Soldaten sowie Israels Anklage vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag.
Das deutsche Außenministerium hatte den Gesetzesentwurf im Vorfeld deutlich kritisiert. Er verstoße gegen internationales Recht und würde bei einer Annahme "das Vertrauen in das Bekenntnis der israelischen Regierung zur Zwei-Staaten-Lösung nachhaltig" erschüttern.
Todesstrafe bei Verkauf
Das Gesetz betrifft nach Angaben der Knesset zunächst 16 Siedlungen und Außenposten im Westjordanland. Es ermögliche dem Staat, palästinensisches Privatland, auf das israelische Siedler "unwissentlich oder auf Anweisung des Staates" Häuser gebaut haben, als staatlichen Besitz zu konfiszieren. Die rechtmäßigen Eigentümer dürften es dann bis zu einer endgültigen Entscheidung über den künftigen Status der Gebiete nicht mehr nutzen. Sie sollten aber mit einer jährlichen Gebühr oder - soweit möglich - mit einem alternativen Grundstück entschädigt werden.
Die eigene Führung erlaubt es Palästinensern nicht, Land an Israelis zu verkaufen. Falls sie es doch tun, droht ihnen die Todesstrafe.
Rund 600.000 Siedler
Das neue israelische Gesetz gilt nicht für Siedlerhäuser, deren Räumung bereits durch ein Gericht angeordnet worden ist. Ursprünglich wollte die Siedlerpartei mit dem Gesetz den Außenposten Amona retten, der jedoch bereits vergangene Woche geräumt wurde. Bis zum 5. März sollen außerdem neun Häuser in der Siedlung Ofra zerstört werden.
Rund 600 000 Israelis leben in mehr als 200 Siedlungen im Westjordanland und Ost-Jerusalem. Israel unterscheidet zwischen Siedlungen, die mit Genehmigung der Regierung entstanden, und wilden Außenposten, die durch das Gesetz rückwirkend legalisiert werden sollen. Aus internationaler Sicht sind alle Siedlungen illegal.