Israel setzt Offensive gegen Beirut fort

Bombenangriffe im Nahen Osten

Israel hat in der Nacht weitere Ziele im Libanon angegriffen. Kampfflugzeuge bombardierten erneut Vororte Beiruts. Binnen einer Stunde seien mehr als 120 Bomben und Raketen in dem Gebiet eingeschlagen, hieß es. Mittlerweile werden knapp 90 Todesopfer und zahlreiche Verletzte gezählt, die Infrastruktur des Landes ist schwer beschädigt.

 (DR)

Israel hat in der Nacht weitere Ziele im Libanon angegriffen. Kampfflugzeuge bombardierten erneut Vororte Beiruts. Binnen einer Stunde seien mehr als 120 Bomben und Raketen in dem Gebiet eingeschlagen, hieß es. Mittlerweile werden knapp 90 Todesopfer und zahlreiche Verletzte gezählt, die Infrastruktur des Landes ist schwer beschädigt. Bei einem libanesischen Gegenangriff auf die israelische Stadt Haifa sind nach Medienberichten mindestens neun Menschen getötet worden. Israelische Medien berichteten, ein Geschoss sei in einem belebten Gebiet eingeschlagen. Weitere Menschen seien verletzt worden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Rande des G-8-Gipfel in St. Petersburg mit dem jordanischen König Abdullah telefoniert.
Die Bundeskanzlerin und der Bundesaußenminister führen wie ihre Kollegen aus den übrigen EU-Ländern eine Reihe von Gesprächen, auch mit Vertretern Israels und der arabischen Länder. Diese Gespräche haben das Ziel, zu einer schnellen Deeskalation der Lage beizutragen und insbesondere die libanesische Regierung zu stabilisieren.

USA wollen schnelles Ende der Gewalt
Die US-Regierung will sich aktiv für ein Ende der Gewalt im Nahen Osten einsetzen. US-Präsident Bush telefonierte mit dem libanesischen Ministerpräsidenten und sicherte ihm zu, Israel zu einer Einstellung der Luftangriffe zu bewegen. Das erklärte das Büro des libanesischen Regierungschefs am Freitag in Beirut. Auch Bundesaußenminister Steinmeier hat sich bereits per Telefon mit seinen Amtskollegen in Israel, Syrien und Ägypten in Verbindung gesetzt.

Krieg auf allen Ebenen angedroht
Die libanesische Hisbollah-Miliz hat derweil Israel mit einem offenen Krieg gedroht. Milizen-Chef Nasrallah sagte, es werde ein Krieg auf allen Ebenen bis Haifa und über Haifa hinaus geben. Die Hisbollah hatte vergangene Nacht die nord-israelische Hafenstadt angegriffen. Wegen der dramatischen Lage im Libanon bereiten sich mehrere Länder auf die mögliche Evakuierung ihrer Staatsbürger vor. An entsprechenden Plänen wird im US-Außenministerium gearbeitet. Allein 25.000 Amerikaner leben im Libanon. Norwegen, Schweden und Dänemark beraten mit anderen EU-Staaten, welche Möglichkeiten es gibt, ihre Bürger in Sicherheit zu bringen. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes halten sich zur Zeit etwa tausend deutsche Staatsbürger im Libanon auf.

UN-Resolution scheitert - erneutes Treffen geplant
Die USA hatten zuvor im Weltsicherheitsrat ihr Veto gegen eine Israel-kritische Resolution zur Lage im Gazastreifen eingelegt. Bei der Abstimmung am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) in New York stimmten nur zehn der 15 Sicherheitsratsmitglieder für die Resolution, in der unter anderem Israel zum unverzüglichen Abzug aus dem Gazastreifen aufgefordert wird. Großbritannien als eines der fünf ständigen Mitglieder enthielt sich der Stimme. Auch Peru, Dänemark und die Slowakei enthielten sich. Die anderen drei ständigen Mitglieder China, Russland und Frankreich stimmten dafür. Der Resolutionsentwurf war von Katar am 6. Juli vorgelegt worden.

Iran droht mit "scharfer Reaktion"
Israels Luftwaffe hatte nach der Entführung zweier israelischer Soldaten durch die radikalislamische Hisbollah-Miliz in den vergangenen Tagen zahlreiche Ziele im Nachbarland Libanon angegriffen. Dabei kamen nach Krankenhausangaben mehr als 50 Menschen ums Leben. Angesichts der israelischen Offensive gegen den Libanon hat der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad Israel vor einem Angriff auf Syrien gewarnt. "Sollte das zionistische Regime einen weiteren dummen Schritt machen und Syrien attackieren, wird dies wie ein Angriff auf die gesamte islamische Welt betrachtet", sagte Ahmadinedschad nach Angaben des staatlichen Fernsehens am Donnerstag in einem Telefonat mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Israel müsste in diesem Fall mit einer "scharfen Reaktion" rechnen. Für die jüngste Eskalation in Nahost machte Ahmadinedschad allein Israel verantwortlich.

EU-Kommission stellt weitere Nothilfe für Palästinenser bereit
Die EU-Kommission hat ihre humanitäre Hilfe für die Menschen in den Palästinensergebieten um 50 Millionen Euro aufgestockt. Durch die jüngsten Angriffe Israels auf den Gaza-Streifen habe sich die Situation für Zivilisten in der Region weiter verschärft, sagte Entwicklungskommissar Louis Michel. Die Gelder sollten vor allem für Nahrungsmittel, Medikamente, die Wasserversorgung und Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung verwendet werden.

Sowohl die palästinensischen als auch die israelischen Behörden müssten dafür sorgen, dass Hilfsorganisationen einen besseren Zugang in die Krisengebiete erhielten, so Michel. Im Moment würden diese durch Straßensperren und ähnliche Hindernisse von dringend nötigen Einsätzen abgehalten. Die EU hat seit der Machtübernahme der radikalislamischen Hamas-Bewegung im März insgesamt rund 190 Millionen Euro für die palästinensische Bevölkerung bereit gestellt. Ihre Direktzahlungen an die Autonomiebehörde hat sie dagegen eingestellt, da die Hamas nicht bereit ist, der Gewalt gegen Israel abzuschwören.

Verschiedene deutsche Reiseveranstalter haben unterdessen bis Ende Oktober alle Rundreisen in Israel abgesagt. Betroffen davon sind rund 100 Urlauber. Außerdem verlassen immer mehr Ausländer wegen der anhaltenden israelischen Bombardierungen den Libanon. Mehr als 100 Menschen wurden inzwischen auf Umwegen nach Zypern ausgeflogen.
(KNA, epd, dr)

Wie konnte es zur erneuten Eskalation zwischen Israel und dem Libanon kommen? Hören Sie im domradio-Interview den Nahostexperten der Bertelsmannstiftung Stefan Vopel: "Die Führung des Libanon hat sich verschätzt - und mit dieser Reaktion Israels wohl nicht gerechnet".