Für die kleine christliche Minderheit im Gazastreifen ist die Vorfreude auf Ostern oder Weihnachten immer besonders groß. Denn für sie sind die Feiertage oft die einzige Möglichkeit, den seit der Machtübernahme der radikalislamischen Hamas 2007 von Israel abgeriegelten Landstrich eine Zeit lang legal zu verlassen.
Strenge Ausreise-Verschärfungen Israels dämpfen in diesem Jahr jedoch die Freude erheblich: Weil Christen von früheren Ausreisen nicht zurückgekehrt sind, droht den Verbliebenen eine Art Kollektivstrafe.
Dass die begehrten Ausreisepapiere oft erst in letzter Sekunde erteilt werden, daran ist man in Gazas kleiner christlicher Gemeinde gewöhnt. Während aber in den vergangenen Jahren bis zu 850 Reisegenehmigungen für einen Zeitraum von bis zu 45 Tagen erteilt wurden, sieht die Lage für Ostern 2018 aus christlicher Perspektive düster aus.
Maximal 500 Genehmigungen für den Zeitraum vom 1. bis 15. April, und die nur für Personen über 55 Jahren, stellte die zuständige israelische Koordinationsstelle für Regierungsaktivitäten in den besetzten Gebieten (COGAT) in Aussicht.
Nicht freiwillig ins "Gefängnis Gaza" zurück
Nach Schätzungen des brasilianischen Ordensmanns Mario Da Silva, katholischer Pfarrer von Gaza, ist die Zahl der Christen in dem engen Landstrich mittlerweile auf unter 1.000 gesunken, 138 von ihnen gehören als Katholiken zu Da Silvas Pfarrei. Seit dem vergangenem Weihnachtsfest, als mehreren hundert Gazachristen der Besuch Israels und der Westbank gestattet wurde, sind es laut Da Silva drei Gemeindemitglieder weniger. Zusammen mit 18 orthodoxen Christen sind sie nicht nach Gaza zurückgekehrt - Zahlen, die COGAT auf Anfrage nicht bestätigen wollte.
"Keiner von ihnen wird freiwillig in das Gefängnis Gaza zurückkehren, wenn sie außerhalb ein Leben und eine Arbeit gefunden haben", sagte der Kanzler des lateinischen Patriarchats von Jerusalem, Pater Ibrahim Schomali, auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Genau hier liegt das Problem: Ob es zu Ostern überhaupt Genehmigungen geben wird, macht COGAT unter anderem von der Rückkehr der "Ausbrecher" abhängig. Möglichen Nachahmern soll durch noch strengere Kriterien für die Ausreise Einhalt geboten werden. "Angesichts des wiederholten Phänomens von Palästinensern, die die Genehmigung zum illegalen Verbleib in Israel nutzten", erklärte COGAT gegenüber der KNA, werde das Mindestalter für den Erhalt von Reisegenehmigungen für Palästinenser aus dem Gazastreifen auf 55 Jahre angehoben.
Kollektive Bestrafung
Für die Christen in Gaza kommt diese Politik einer kollektiven Bestrafung gleich. COGAT hingegen argumentiert mit Israels Souveränität über seine Grenzen. Wer einreisen dürfe, darüber bestimme Israel, ein Recht darauf gebe es nicht. "Ausländische Bürger haben kein Recht, israelisches Gebiet zu betreten, einschließlich der Palästinenser, die im Gazastreifen leben", so die Behörde wörtlich.
Darüber hinaus fördere der Staat Religions- und Kultfreiheit und koordiniere jährlich die Teilnahme von Besuchern an Feiern und Veranstaltungen.
Kanzler Schomali und Pfarrer Da Silva bestätigen die israelischen Forderungen nach Rückkehr der ferngebliebenen Christen. Bis jetzt, sagen auch katholische Gemeindemitglieder in Gaza, liegen keine Reisegenehmigungen vor, "weder für junge noch für ältere Christen", wie es Abu Jawdat formuliert.
Ihnen gehe es dabei nicht nur um eine Lockerung der Feiertagsregeln. "Wir beten für ein Ende der ganzen belastenden Situation in Gaza", sagt George Antone, Familienvater und seit Jahren engagiertes Mitglied der katholischen Pfarrei Gaza. Doch dieses Ende scheint auch Ostern 2018 in weiter Ferne zu sein.