Italiener und Türken streiten bis heute

Von Katholiken und Orthodoxen verehrt

Die Gebeine des heiligen Nikolaus. Um kaum einen Heiligen ranken sich so viele Geschichten wie um den Nikolaus.

Autor/in:
Bettina Gabbe
 (DR)

Als einer der wenigen Bischöfe der ersten christlichen Jahrhunderte genießt er sowohl im Katholizismus als auch in der orthodoxen Welt Verehrung.  Er ist der Schutzpatron der Kinder und Seefahrer, der Kaufleute und Pfandleiher, der Juristen, Apotheker, Gefängniswärter und Metzger. Nationalistische Türken im heutigen Anatolien beanspruchen den aus Kleinasien stammenden griechischen Bischof von Myra bis heute für sich. Piraten aus der italienischen Hafenstadt Bari raubten im 11. Jahrhundert die Reliquien des bereits zu Lebzeiten im 4. Jahrhundert als wundertätig verehrten Kirchenmanns. Die Ankunft der Gebeine des Heiligen feiern die Bewohner von Bari jedes Jahr mit einer historischen Regatta.

An dem Ort, an dem die Gebeine des Heiligen in Bari abgelegt wurden, bewahren Mönche die Reliquien bis heute eifersüchtig in einer der schönsten romanischen Kirchen Italiens auf. Rückgabeforderungen aus der Türkei lehnen sie ab. Selbst wenn der Vatikan dies anordnen sollte, wollen die Mönche ihr Allerheiligstes nicht aufgeben. In der Türkei werde der frühchristliche Bischof nicht vom Weihnachtsmann unterschieden, empört sich der Nikolaus-Forscher und Priester aus Bari, Gerardo Coffari.

Eine der wenigen Momente, in denen sich die verschiedenen Nikolaustraditionen versöhnen, sind orthodoxe Gottesdienste in der dem Heiligen geweihten Basilika in Bari. Fern ab von offiziellen Ökumene-Gesprächen im Vatikan leben Katholiken und zahlreiche orthodoxe Pilger den Dialog zwischen den Konfessionen so täglich an den Reliquien des Heiligen.

Die nordeuropäische Variante der nachts in Schuhen gesteckten Süßigkeiten für brave Kinder und der Rute für böse Jungen und Mädchen entstand aus einer Vermischung von Bibelüberlieferungen und süditalienischen Legenden. In Bari soll der Heilige einem verarmten Kaufmann, der seine drei Töchter mangels ausreichender Mitgift zu Prostituierten machen wollte, mit Gold unter die Arme gegriffen haben. Drei Nächte hintereinander soll er in Stoff verpackte Goldstücke durch die Fenster der drei jungen Frauen geworfen und ihnen damit eine ehrenhafte Verheiratung ermöglicht haben. Aus dieser Erzählung entwickelte sich die Tradition der Nikolausgeschenke, die in einigen Ländern zur Bescherung durch den Weihnachtsmann an Heiligabend wurde.

Die Frage an die Kinder, ob sie denn auch brav und fromm gewesen seien, geht dagegen auf das Gleichnis der Talente im Matthäus-Evangelium zurück. Dort erhalten drei Knechte von ihrem Herrn für die Zeit seiner Abwesenheit je nach ihren Fähigkeiten Taler, über deren Verwendung sie nach seiner Rückkehr Rechenschaft ablegen müssen.