Kommende Woche sollen in Italien die ersten Museen wieder öffnen dürfen. Welche Häuser die betreffende Erlaubnis erhalten, wollte das römische Kulturministeriums erst wenige Tage vorher offiziell bekanntgeben. Zunächst wird nur eine Auswahl der knapp 5.000 Einrichtungen landesweit an den Start gehen, und nicht unbedingt die größten. Es gelten Obergrenzen für Besucher, Hygienevorschriften, Abstandsregeln. Schon jetzt zeichnet sich ab: Die Corona-Krise wird auch die Begegnung zwischen Mensch und Kunst auf lange Zeit ändern.
Solange nicht einmal Italiener in ihrem Land frei reisen können, ist es vor allem ein Angebot an die lokale Bevölkerung, die Kunstschätze vor der Haustür neu zu entdecken. Der Kulturbetrieb wird entschleunigt: In Mailand sollen laut Medienberichten die Museen alternierend im dreitägigen Wechsel öffnen, einige eigens am Wochenende.
Längere Öffnungszeiten in Rom
Für die Hauptstadt Rom schlug die Vorsitzende des Kulturausschusses Eleonora Guadagno ausgedehnte Öffnungszeiten vor, etwa Abendbesichtigungen von archäologischen Monumenten. Die Maßnahmen sollen "den Zugang der Bürger zu öffentlichen Kulturgütern wie den Schutz der kollektiven Gesundheit sicherstellen", erklärte die Stadträtin auf Facebook.
Weitläufige Ausgrabungsstätten sind beim Infektionsschutz im Vorteil. Beispiel Paestum: In der antiken Stadt südlich von Neapel können Besucher an der frischen Luft und auf ausgedehnten Pfaden zu den berühmten Tempeln pilgern, ohne sich in die Quere zu kommen. Allerdings hofft Direktor Gabriel Zuchtriegel auch auf eine Öffnungsgenehmigung für das Museum mit seinen nicht minder bedeutenden Einzelfunden und Fresken. Das erfordert selbst im zwei Dutzend Hektar großen Paestum neben Thermoscannern und Desinfektionsmitteln eine Zugangsbeschränkung. "Die Pandemie zwingt uns, bestimmte Muster von Massentourismus aufzugeben", sagt Zuchtriegel. "Wir müssen klein und slow werden."
Vatikanische Museen
Das Gegenteil davon waren bislang die Vatikanischen Museen. In Vor-Corona-Zeiten herrschte volksfesthafter Andrang um die Laokoon-Gruppe und den Apoll von Belvedere; Restauratoren sorgten sich über Erschütterungen in den Raffael-Stanzen und Schimmelpilze in der Sixtinischen Kapelle wegen der feuchten Atemluft.
Normalerweise schieben sich teils mehr als 20.000 Besucher täglich durch die Sammlungen, eine Haupteinnahmequelle für den päpstlichen Kleinstaat. Seit der Schließung Anfang März entgingen der Kirchenverwaltung über den Daumen gepeilt 25 Millionen Euro Eintrittsgelder. Auf der Internetseite ist der Kartenvorverkauf bis Ende Juli ausgesetzt.
Zur Öffnungsfrage äußert sich die Pressestelle der Museen schmallippig. Der italienische Termin am 18. Mai sei für den souveränen Vatikanstaat ohne Belang, die Regelung der künftigen Besuchsmodalitäten "sehr komplex". Abstandsregeln sind eine abenteuerliche Herausforderung für einen Betrieb, der noch nicht einmal ein Fluchtweg- und Rettungskonzept kennt.
Reduzierte Besucherzahl
Die Uffizien in Florenz wollen unterdessen den Besucherstrom aktiv reduzieren. Schon vorher bestand eine Deckelung auf maximal 900 Anwesende. "Die Zahl werden wir auf 450 halbieren", sagt Direktor Eike Schmidt. Solange inneritalienische Reisebeschränkungen bestehen, werde man selbst unter diesem Limit "deutlich drunter bleiben".
Von den kommenden Monaten erhofft sich Schmidt eine "Experimentierphase für einen ruhigeren, intensiveren Museumsbesuch", vergleichbar mit dem Bildungshunger der Nachkriegszeit. Nur dass künftig das Smartphone eine Rolle spielt - mit interaktiven Führungen und Videos von Restaurierungen, vertiefenden Informationen zu einzelnen Werken, ihrem Kontext und zur Sammlungsgeschichte. Bereits in den Wochen des Lockdown verstärkten die Uffizien ihre Aktivitäten in digitalen Medien.
Rücklagen gegen Einnahmeverluste
Auch die Finanzierung wird sich ändern. Zuletzt verzeichneten die Uffizien 4,4 Millionen Besucher in einem Jahr. Gegen Einnahmeverluste sieht Schmidt sein Haus durch Rücklagen gewappnet, Restaurierungsprojekte sind durch Privatspenden gesichert. Probleme dürfte es nach seiner Einschätzung aber für kleinere Museen geben, die nicht auf Sponsoren und Mäzene zählen können.
Zuchtriegel in Paestum rät zu einem Blick in die USA, wo Museumsbudgets zu einem Großteil auf Unternehmenspartnerschaften und privaten Unterstützern ruhten. "Wir müssen überlegen, wie wir solche Modelle umsetzen können", so der Archäologe. Zuerst einmal heißt es für Italiens Museen die nächsten Wochen bestehen. So, wie sie am 8. März von einem Tag auf den anderen schließen mussten, müssten sie laut Zuchtriegel auch "flexibel bei der Öffnung" sein.