Es begann mit einer Entschließung des EU-Parlaments. Thema: der Massenmord an religiösen Minderheiten im Nahen Osten durch die Terrormiliz "Islamischen Staat". Die Abgeordneten forderten einen Sonderbeauftragten der EU, der sich für die Religionsfreiheit außerhalb der Europäischen Union einsetzen soll. Im Mai verkündete Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bei der Karlspreis-Verleihung an Papst Franziskus in Rom, dass es ein solches Amt geben werde. Er ernannte den Slowaken Jan Figel (56).
Für Figel ist das Brüsseler Parkett nicht neu. Von 2004 bis 2009 war er EU-Kommissar für Bildung und Kultur. Zudem war er für die Verhandlungen seines Landes über den EU-Beitritt zuständig. Der Politprofi sagt, er wisse, was das Fehlen von Religionsfreiheit bedeute. Der Christdemokrat ist auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs aufgewachsen. "Ich weiß, wie schädlich das sein kann - nicht nur für das Leben des Einzelnen, sondern auf für die Gesellschaft als ganze", sagte Figel der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Religionsfreiheit bedeute für ihn die Freiheit, das innerhalb des moralischen Rahmens Richtige zu tun.
Schwerpunkt Genozid an Christen, Jesiden und Schiiten
Einen Schwerpunkt seiner Arbeit will Figel auf den Genozid an Christen, Jesiden und Schiiten im Nahen Osten legen. Unter anderem seien Treffen vor Ort mit religiösen Minderheiten vor Ort geplant. Zudem habe er vor, mit dem für internationale Zusammenarbeit und Entwicklung zuständigen EU-Kommissar Neven Mimica praktische Schutzmechanismen für verfolgte Menschen zu erarbeiten, so der EU-Sonderbeauftragte.
In 24 UN-Mitgliedstaaten gelte es derzeit noch als Straftat, seine Religionszugehörigkeit zu wechseln. Besonders über die Lage in Pakistan, Somalia, im Iran und Sudan zeigt sich Figel besorgt. Er betont, dass die Achtung des Menschenrechts auf Religionsfreiheit bei der Verhandlung neuer Handelsabkommen überprüft werden solle. Der Sonderbeauftragte wird die EU auch bei Konferenzen vertreten. Zuletzt nahm er an einer Veranstaltung zu Religionsfreiheit in Berlin teil, bei der auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach.
Brückenbauer
Eine von Figels Aufgaben wird es auch sein, den jährlichen Bericht über den Dialog zwischen der EU-Kommission, Kirchen und religiösen Vereinigungen zu verfassen. Artikel 17 des Vertrags von Lissabon sieht vor, dass sich die EU-Institutionen regelmäßig mit Kirchen und religiösen Gemeinschaften austauschen.
Viele EU-Beamte oder Vertreter von Kirchen und Nichtregierungsorganisationen kennen den Politiker bereits durch seine frühere Arbeit. Ein Ex-Kollege aus dem Kabinett des früheren Kommissionschefs Jose Manuel Barroso beschreibt ihn als jemanden, der versucht, die Brücke zwischen seiner traditionellen Heimat und der "Brüsseler Welt" zu schlagen. Figel sei bescheiden, höflich und ein überzeugter Europäer.