Jesuit Zollner kritisiert Missbrauchsbekämpfung im Vatikan

"Leitung nicht willens oder nicht fähig"

Zum Auftakt der Weltsynode hat der Jesuit und Psychotherapeut Hans Zollner den Vatikan wegen der nach seiner Ansicht intransparenten Aufarbeitung von Missbrauchsfällen kritisiert. Das Thema habe in der Weltkirche keine Priorität.

Hans Zollner, Direktor des "Institut für Anthropologie - Interdisziplinäre Studien zu Menschenwürde und Sorge für schutzbedürftige Personen" (IADC) / © Marco Bonomi (KNA)
Hans Zollner, Direktor des "Institut für Anthropologie - Interdisziplinäre Studien zu Menschenwürde und Sorge für schutzbedürftige Personen" (IADC) / © Marco Bonomi ( KNA )

In einem Interview der Zeitschrift "Publik-Forum" sagte Zollner am Mittwoch: "Unser Problem ist, dass die Leitung entweder nicht willens oder nicht fähig ist, die eigenen Normen umzusetzen und ihre Nachhaltigkeit zu garantieren."

Die katholische Kirche habe immer noch "keine Kultur der Rechenschaftspflicht", sagte Zollner. Das Thema Missbrauch habe in der Weltkirche keine hohe Priorität. "Wir mögen den Wunsch und die Vorstellung haben, dass alle Energie für die Bewältigung der Missbrauchskrise aufgewendet wird. In der römischen Kurie, die ein Spiegelbild der Weltkirche ist, steht das aber nicht ganz oben auf der Agenda", so der Jesuit.

Der Kinderschutzexperte Zollner fügte hinzu: "In zwei Drittel aller Länder spielt sexuelle Gewalt – in der Kirche wie in der Gesellschaft – in der öffentlichen Diskussion nicht wirklich eine wichtige Rolle. Man kann dort immer noch hören, sexueller Missbrauch sei ein Problem der angelsächsischen Länder. Obwohl jeder weiß, dass es falsch ist und dass jede Ortskirche vor dem Problem steht." Zwar gebe es durch den Generationenwechsel einen "Mentalitätswandel", doch dieser vollziehe sich "langsam und nicht flächendeckend". Der 56-jährige Zollner hatte im Frühjahr die päpstliche Kinderschutzkommission verlassen, weil es dort an Transparenz fehle.

Missbrauchsbetroffene: Bischöfe müssen Verfahren verändern 

Missbrauchsbetroffene in der katholischen Kirche haben die katholischen Bischöfe aufgefordert, das Entschädigungssystem zu reformieren. Bei ihrer anstehenden Herbstvollversammlung müssten die Bischöfe das bestehende System dringend weiterentwickeln, heißt es in einer Erklärung des Betroffenenbeirats bei der Deutschen Bischofskonferenz. Sie müssten Rahmenbedingungen schaffen, die Zivilklagen von Betroffenen unnötig machten.

Bischöfe beim Eröffnungsgottesdienst der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am 27. Februar in Dresden / © Dominik Wolf (KNA)
Bischöfe beim Eröffnungsgottesdienst der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am 27. Februar in Dresden / © Dominik Wolf ( KNA )
Quelle:
KNA