domradio.de: Die Journalisten sprechen von einer "Schlammschlacht", wie haben Sie das empfunden?
Dr. Godehard Brüntrup SJ (USA-Experte, Jesuitenpater und Professor für Philosophie an der Hochschule für Philosophie München): Das war einzigartig. So etwas hat es in der US-Geschichte sicher noch nicht gegeben, dass zwei Kandidaten derart brutal und direkt aufeinander losgegangen sind. Trump hat das Buch geschrieben: "The Art of the Comeback" also "Die Kunst des Comeback". Das hat er auch heute Nacht geschafft. Er war dominant, er hat Hillary Clinton in die Defensive gebracht, hat sie extrem scharf angegriffen und kann durchaus einen Punktsieg für sich verbuchen. Er ist wieder im Rennen. Das muss man sagen. Seine Kampagne, die fast am ausgeistern war, hat er neues Leben eingehaucht.
domradio.de: Ende letzter Woche hat die Washington Post das Video mit sexistischen Äußerungen von Trump ausgekramt. Wir haben so viele krasse Aussagen schon im Vorhinein gehört, was ist denn jetzt der große Unterschied zu dem, was da am Wochenende rausgekommen ist?
Brüntrup: Es war vielleicht deshalb noch mal besonders eindrucksvoll, weil man es gehört hat und nicht irgendwo gelesen "er hat mal das gesagt". Man hat es jetzt in seinen eigenen Worten gehört. Das hat er geschickt gekontert. Er hat gesagt: "Ich entschuldige mich dafür - bei mir waren es nur Worte, bei Bill Clinton waren es auch Taten. Hillary Clinton hat die Frauen, mit denen Bill Clinton in Taten frauenfeindlich umgegangen ist, immer scharf angegriffen und hat sie nicht unterstützt.
domradio.de: Also fällt er wieder in sein typisches Angriffsschema zurück?
Brüntrup: Eigentlich muss man in dem Fall von einem Gegenangriff sprechen. Der Angriff kam ja bei der letzten Debatte sehr stark von Hillary Clinton. Er war sehr zurückhaltend - vielleicht auf Anraten seiner Berater, aber diesmal hat er zurückgeschlagen. Er hat es sehr effektiv gemacht. Das mag man nicht mit Freude sehen. Aber man muss es anerkennen, das hat er heute geschafft.
domradio.de: Jetzt sind Sie nicht nur USA-Experte und Politik-Kenner, Sie sind zudem noch Jesuitenpater. Wie steht denn die Kirche zu dem, was sich da gerade im Wahlkampf abspielt?
Brüntrup: Die Katholiken stehen irgendwie zwischen den Fronten. Sie können sich nicht hinter Hillary Clinton stellen, die in einer radikalen Form die Abtreibung unbegrenzt befürwortet. Sie können sich aber auch nicht hinter einen ordinären, rüpelhaften, liberal-kapitalistischen Unternehmer Trump stellen. Wie man es macht, macht man es falsch. Aber die Mehrheit der Katholiken steht momentan noch hinter Clinton. Normalerweise ist das auch ein Zeichen, wer gewinnt. In den letzten 30 Jahren haben die Katholiken immer deutlich angezeigt, wer gewinnt.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.