Der neue Kommunikationsdirektor des Erzbistums Köln stellt sich vor

"Jesus würde heute twittern"

Er kommt von Washington an den Rhein: Markus Günther wird ab Februar nächsten Jahres neuer Kommunikationsdirektor des Erzbistums Köln. Im Interview spricht er über Abschiede, neue Ziele und ganz besondere Wegstrecken.

Kommunikationsdirektor Dr. Markus Günther (Erzbistum Köln)

DOMRADIO.DE: Sie werden der neue Kommunikationsdirektor des Erzbistums Köln. Was überwiegt, die Trauer über den Abschied von Washington oder die Vorfreude auf die schönste Stadt Deutschlands?

Dr. Markus Günther (Designierter Kommunikationsdirektor des Erzbistums Köln): Es ist ja ein doppelter Abschied, einmal von Amerika, dann aber auch vom Journalismus, in dem ich fast mein ganzes berufliches Leben verbracht habe. Insofern würde ich lügen, wenn ich sagte, dass mir das leichtfällt. Ich habe es mir aber gründlich überlegt. Die Chance, im größten deutschen Bistum in einer so wichtigen Funktion mitzuhelfen, ist etwas, worauf ich mich trotz Abschiedsschmerz sehr freue. Und Köln und das Rheinland bringen mich meiner alten Heimat im Ruhrgebiet sehr nahe. Da kein Amerikaner Bottrop kennt, habe ich auf die Frage nach meiner Herkunft in den USA immer gesagt: "Ich komme aus der Nähe von Köln." Alles ist relativ.

DOMRADIO.DE: Was haben Sie sich für Ihre neue Aufgabe vorgenommen?                                                 

Günther: Wenn man ehrlich ist, muss man sagen, dass für mich nun erst einmal eine Zeit des Lernens beginnt. Was ich bislang nur von außen beobachtet habe, soll ich in Zukunft im Innern mitgestalten. Das heißt aber, dass ich erst einmal viel zuhören muss, um besser zu verstehen, wie die Dinge liegen. Es wäre vermessen, wenn ich mit einem großspurigen Plan antreten würde. Ein Patentrezept gibt es ohnehin nicht. Die Lage ist objektiv schwierig, auch weil wir es in der kirchlichen Medienarbeit mit ganz unterschiedlichen Zielgruppen zu tun haben, deren Vorkenntnisse, Interessen und Sympathien jeweils sehr verschieden sind.

DOMRADIO.DE: Wie soll man mit diesen verschiedenen Zielgruppen umgehen?

Günther: Wir wollen möglichst viele Menschen erreichen, auch die, die der Kirche fern stehen. Wir dürfen da niemals resignieren. Der Gesprächsfaden darf nicht abreißen, auch dann nicht, wenn jemand nicht mehr zur Kirche kommt oder viele Vorbehalte, kritische Fragen, vielleicht auch mal Wut im Bauch hat. Völlig falsch wäre eine Kirche, die sich zurückzieht und nur noch auf die kleine Kerntruppe der Frommen setzt. Wir müssen zeigen, dass Jesus Christus weiterhin relevant ist, im Leben eines jeden Einzelnen und für die Gesellschaft insgesamt. Ich weiß, dass der Erzbischof das genauso sieht, und will ihn nach Kräften unterstützen.

DOMRADIO.DE: Wie wollen Sie denn diejenigen erreichen, die der Kirche fern stehen?

Günther: Dazu müssen wir jeden Kommunikationskanal nutzen, der heute zur Verfügung steht. Im Erzbistum ist dazu schon vieles auf einem guten Weg, denke ich. Die neuen Medien, die Vernetzung, auch das, was man irreführenderweise "soziale Medien" nennt, all das bietet Chancen, die wir konsequent nutzen werden. Salopp gesagt: Jesus würde heute auch twittern.

DOMRADIO.DE: Sie sind kein Theologe, haben sich in Ihren Texten aber auch immer wieder mit kirchlichen und religiösen Themen beschäftigt. Woher kommt eigentlich dieses Interesse?

Günther: Ich bin vor allem von der Theologie Frère Rogers und seines Nachfolgers, Bruder Alois, geprägt. Beide habe ich schon vor 35 Jahren kennengelernt, Frère Alois bin ich bis heute freundschaftlich eng verbunden. Frère Roger selbst würde wohl lieber nicht von "Theologie" sprechen, aber ich glaube, dass er einen guten geistlichen Weg aufgezeigt hat, der niemanden ausschließt und der immer wieder zurückführt zu Jesus selbst. Außerdem zeigt der Blick auf Taizé, dass die Krise des Glaubens vor allem auch eine Krise des Gebets ist. Der Mensch von heute tut sich sehr schwer damit, in eine Beziehung zu Gott zu treten. Das hat Frère Roger zeitlebens umgetrieben und sollte uns alle beschäftigen. Wie können wir den Menschen helfen, neu beten zu lernen und einen neuen Zugang zum Glauben zu finden?

DOMRADIO.DE: Gibt es innerkirchliche Themen, die Ihnen besonders am Herzen liegen?

Günther: Mein Vater war evangelisch, meine Mutter katholisch. Wohl auch dadurch habe ich mich immer sehr für Ökumene interessiert und schon als Teenager in einer ökumenischen Gruppe mitgearbeitet. Damals haben wir uns das allerdings noch sehr leicht vorgestellt und an eine baldige "Wiedervereinigung" der Kirche geglaubt, heute scheint alles schwieriger. Doch auch da gilt es, den Mut nicht zu verlieren. Was uns verbindet, ist viel stärker, als alles, was uns trennt.

DOMRADIO.DE: Wie gestaltet sich so ein Umzug von Washington noch Köln eigentlich ganz praktisch?

Günther: Das ist ein Kraftakt. Im Augenblick suche ich erst einmal eine Übergangswohnung, etwas später gehen dann die Möbel mit dem Schiffscontainer auf die Reise über den Atlantik, und man steht vier bis sechs Wochen lang ohne Hausrat da. Das ist immer eine Gedulds- und Nervenübung für die ganze Familie. Außerdem hält man natürlich die Luft an, dass der Container auch tatsächlich ankommt und alles noch heil ist.

DOMRADIO.DE: Gibt es etwas, worauf Sie sich in Köln besonders freuen?

Günther: Auf die Heilige Messe im Dom natürlich. Sich vor dieser Kulisse in die Tradition der Christen früherer Generationen zu stellen, ist schon sehr bewegend. Und als Läufer freue ich mich darauf, den Rhein entlang zu joggen und so meine neue Heimat zu erkunden.

Das Interview führte Ingo Brüggenjürgen.


Quelle:
DR