domradio.de: Bei mir ist Joachim Kardinal Meisner, seit wenigen Sekunden nicht mehr Erzbischof von Köln!
Joachim Kardinal Meisner: Das stimmt. Der Zeitpunkt ist jetzt gekommen, den ich schon länger wusste, nämlich dass ich jetzt von meiner bischöflichen Aufgabe als Erzbischof von Köln vom Heiligen Vater entpflichtet worden bin. Es macht mich sehr dankbar, dass ich diese Zeit, so weit es mir möglich war, im Auftrag des Papstes in der Nachfolge Christi bis heute sinnvoll nutzen konnte. Und ich verlasse diese Aufgabe sehr dankbar und bete schon um einen guten Nachfolger.
domradio.de: Hat Ihnen der Papst noch etwas persönlich mit auf den Weg gegeben?
Kardinal Meisner: Nein, der arme Papst hat ja in diesen Tagen so viel andere Dinge im Kopf, da hat er keine Zeit für eine solche Routinesache. Das ist so ähnlich, wie wenn ein Priester emeritiert wird – das ist kein Weltereignis, so wie das hier in Köln die Kölner vielleicht sehen, aber in der Weltkirche ist das kein großes Ereignis. Wir hoffen nur, dass der Nuntius jetzt gemäß Konkordat alles in Bewegung setzt, damit wir nicht lange auf einen neuen Erzbischof warten müssen.
domradio.de: Für Sie ist es aber eine Premiere! Wie erleben Sie diesen Augenblick?
Kardinal Meisner: Ich sage es nochmal, auch für meine Mitarbeiter: Ich bin doch sehr dankbar, ich bin 39 Jahre Bischof gewesen, ich habe unter Papst Paul VI. angefangen, der hat mich noch ernannt. Dann habe ich bis heute fünf Päpste erlebt und schon manchen Sturm über mich ergehen lassen. Darum bin ich jetzt ganz froh – ich ziehe aus einem Haus, über dem steht: Du musst! in eine Haus, über dem steht: Du kannst! Das heißt ich kann noch so viel mitarbeiten, so weit das meine Kräfte zulassen und die Kirchenordnung es gestattet, und die Stadt räumt auch einem emeritierten Bischof viele, viele große Möglichkeiten ein. Und ich freue mich, dass ich jetzt nicht mehr unter dem Druck des Terminkalenders in der Weise stehe wie bisher.
domradio.de: Gibt es etwas, das Sie nicht zu Ende gebracht haben?
Kardinal Meisner: Eine ganze Reihe von Dingen: Ich dachte, ich würde in der Kirche von Köln wieder eine große Bewegung auslösen für Priester und Ordensberufung, ich würde eine große Rückkehr der aus der Kirche Ausgetretenen auslösen; da bin ich mitten auf dem Weg geblieben und mein Nachfolger kann hier direkt voll einsteigen, der findet genügend Arbeit vor.
domradio.de: Worüber haben Sie sich gefreut, dass Sie es in Ihren 25 Jahren im Erzbistum Köln in Bewegung setzen konnten?
Kardinal Meisner: Ich habe mich sehr gefreut, dass wir den Weltjugendtag hier feiern konnten, dass wir den Eucharistischen Kongress und das große Domjubiläum hatten. Es gibt so viele Höhepunkt, zum Beispiel dass wir die Dom-Wallfahrt wieder eingeführt haben, jetzt auch das Ewige Gebet; ich habe noch gar nicht darüber reflektiert, wie eine solche Positivbilanz aussehen könnte, aber ich kann generell sagen: Ich habe mehr Grund zu danken als zu klagen.
domradio.de: Was wünschen Sie dem Erzbistum Köln?
Meisner: Einen guten, kräftigen, geistlichen neuen Erzbischof!
domradio.de: Danke für dieses erste Interview direkt nach Ihrem Rücktritt und danke für 25 Jahre Arbeit in Köln!
Das Interview führte Ingo Brüggenjürgen.