Joachim Wanke, Bischof von Erfurt

Bischöfe zum Advent: 2. Dezember

Ich bin Bischof Joachim Wanke, Bischof von Erfurt, Bischof im Elisabeth-Land Thüringen. Liebe Hörerinnen und Hörer, gerade haben wir im Bistum Erfurt das Elisabeth-Jahr eröffnet, das bis zum November 2007 gehen wird. Wir gedenken in diesem Jahr des 800. Geburtstages dieser großen Heiligen der Nächstenliebe, die den größten Teil ihres kurzen Lebens in Thüringen und Hessen verbracht hat.

 (DR)

Das Fest der Liebe
Wir bereiten uns auf Weihnachten vor, das Fest der Liebe. Die Liebe ist der Kernpunkt dessen, was christliche Religion meint. Sie ist Einladung zur Liebe. Zur Liebe, die auf Gottes Liebesofferte antwortet. Zu einer Liebe die jene liebt, die Gott in seine Liebe einschließt, den Mitmenschen, den Nächsten.

Mit Paulus könnten wir sagen: was nützt es uns religiös zu sein, wenn wir nicht die Liebe hätten. Wir wären dröhnendes Erz oder eine lärmende Pauke oder wie Luther übersetzt, eine klingende Schelle. Alle Erkenntnis und Weisheit und Frömmigkeit werden uns nichts nützen, ohne die Liebe. Eine kühne, gewaltige Aussage, die wir heute wieder recht bedenken sollten. Und wenn ich meine ganze Habe verschenkte und wenn ich meinen Leib dem Feuer übergäbe, hätte aber die Liebe nicht, nützte es mir nichts. Vielleicht sollten wir deshalb so sagen: Was unsere Gesellschaft braucht ist nicht in erster Linie Religiosität, die kann zwiespältig bleiben.

Was unsere Gesellschaft braucht sind liebende Menschen
Auch Talibane sind religiös. Was unsere Gesellschaft braucht sind liebende Menschen. Das hohe Lied der Liebe aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Korinther, 13. Kapitel, ist ein Spiegel in den wir öfters schauen sollten. "Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig. Sie ereifert sich nicht, sie prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf. Sie handelt nicht ungehörig und sucht nicht ihren Vorteil, lässt sich nicht zum Zorne reizen, trägt das Böse nicht nach."

Kann man solche Worte mit der Frage zusammen bringen, wie man sich im Alltag, in der Schule, im Büro, auf der Baustelle, im Parlament zu verhalten hat? Die Liebe freut sich nicht über das Unrecht sondern freut sich an der Wahrheit.

Wenn uns die Liebe fehlt, fehlt uns alles
Liebe Hörerinnen und Hörer, das ist ein großartiger Text. Ich empfehle ihn ihrem abendlichen Gebet. Und wer nicht beten kann, möge ihn besinnlich und offenen Herzens einfach lesen und meditieren. Was von uns einmal bestand haben wird, ist die Liebe. Jene mit der wir geliebt wurden und jene die wir verschenkt haben. Wir kommen aus einer Liebe und sind für eine bleibende Liebe bestimmt. Wenn uns die Liebe fehlt, fehlt uns alles, fehlt uns das Menschsein. Das wusste Elisabeth. Ob Landgräfin oder nicht, ob in Reichtum oder in Armut, ob anerkannt oder geschmäht und verleumdet.

Was unser Leben wertvoll macht, ist die Liebe, denn die Liebe hört niemals auf. Ich meine das Wort, mit dem Paulus das ganze Lied beschließt, könnte auch für sie in ihrer Verantwortung im Alltag, im persönlichen Leben, im Beruf, ein großartiges Lebensmotto sein. Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe - diese drei. Doch am größten ist die Liebe. Dafür steht die heilige Elisabeth von Thüringen. Und mit ihr jeder, der seinen Einsatz für den Nächsten nicht von irdischer Anerkennung abhängig macht. Wir kommen nicht aus dem Nichts und wir gehen nicht in das Nichts. Uns erwartet eine Liebe die umso intensiver sein wird, je mehr wir uns heute schon auf sie einlassen.
Ich wünsche ihnen allen eine gesegnete Adventszeit.