Josef-Neuberger-Medaille für "Stolperstein"-Künstler

Von illegaler Aktion zu Lebenswerk

Der durch sein Projekt von in die Straße eingelassenen Gedenksteinen für die Opfer des Nazi-Terrors europaweit bekanntgewordene Künstler Gunter Demnig ist mit der Josef-Neuberger-Medaille geehrt worden.

Autor/in:
Andreas Rehnolt
Gunter Demnig verlegt Stolpersteine vor einem Haus in Köln mit Terry Mandel, Nachfahrin von Opfern des Nationalsozialismus / © Harald Oppitz (KNA)
Gunter Demnig verlegt Stolpersteine vor einem Haus in Köln mit Terry Mandel, Nachfahrin von Opfern des Nationalsozialismus / © Harald Oppitz ( KNA )

Der Vorstandsvorsitzende der von der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, Juan-Miguel Strauss, sagte bei der Verleihung vor mehreren hundert Gästen in der Synagoge der NRW-Landeshauptstadt, Demnig habe mit seinen "Stolpersteinen ein Kunstwerk geschaffen, das zum Erinnern zwingt, um zu einer Zukunft frei von Intoleranz und Rassenhass beizutragen". Der mehrfach ausgezeichnete "Schöpfer der Stolpersteine" entreiße die Namen zumindest einiger Ermordeter dem Vergessen, sagte Strauss.

Über 20.000 verlegte Steine

Seit 1996 wurden in 491 Städten und Gemeinden über 20.400 Stolpersteine verlegt. Egal ob in Düsseldorf oder Berlin oder in vielen europäischen Städten tauchten dank der "Stolpersteine" von Demnig ehemalige Bürgerinnen und Bürger "wenn auch leider nur mit ihrem Namen im Stadtbild wieder auf", sagte der Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde weiter. Überall würden die "Stolpersteine" zum kurzen Innehalten zwingen. Keine Schautafel, kein grausames Bild von Misshandlungen mache dabei dem Vorstellungsvermögen Vorgaben.

Die nur wenige Quadratzentimeter großen Stolpersteine, auf deren dünner Messingtafel Name, Jahrgang und der Hinweis auf das weitere Schicksal des Opfers eingraviert sind, seien "Erinnerungszeichen, die mehr auslösen, als so manches gut gemeinte Denkmal an zentralem Ort", betonte der Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf.
Der 1947 in Berlin geborene Demnig, der seit Jahrzehnten in Köln lebt und arbeitet, sagte bei der Verleihung der Josef-Neuberger-Medaille, er "freue sich über die Auszeichnung, obgleich der Hintergrund der Stolpersteine kein Grund zur Freude ist." Die Auszeichnung gelte auch allen Paten der Stolpersteine, ohne die er nicht tätig werden könne, betonte Demnig.

"Man muss sich automatisch verbeugen"

In seiner Dankesrede zitierte der Bildhauer den Angehörigen eines der Opfer: "Man stolpert mit dem Kopf und mit dem Herzen über die Stolpersteine. Und wenn man den Namen lesen will, muss man sich vor dem Opfer automatisch verbeugen." Der frühere Direktor des Kölnischen Stadtmuseums, Werner Schäfke erklärte in seiner Laudatio, die Passanten würden durch die Stolpersteine bewegt. "Sie sind gezwungen, optisch stolpernd nachzudenken."

Mit der Josef-Neuberger-Medaille ehrt die Jüdische Gemeinde Düsseldorf seit 1991 nicht-jüdische Persönlichkeiten, die sich um die jüdische Gemeinschaft verdient gemacht haben. Benannt ist die Auszeichnung nach dem früheren nordrhein-westfälischen Justizminister Josef Neuberger (1902-1977), der von 1952 an aktives Mitglied der Gemeinde war. Frühere Preisträger sind der ehemalige NRW-Ministerpräsident und Bundespräsident Johannes Rau, der frühere Bundespräsident Roman Herzog und im letzten Jahr die amtierende Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Jüdische Gemeinde Düsseldorf ist mit rund 7.500 Mitgliedern die drittgrößte in Deutschland und die größte in Nordrhein-Westfalen.