Journalist erklärt Frauenboykott in Australiens Kirche

Ringen um Reformen

Die katholische Kirche ringt nicht nur in Deutschland um Reformen. In Australien ist es beim letzten Treffen des dortigen synodalen Prozesses unlängst zu einem Eklat gekommen. Der Journalist Klaus Prömpers erklärt, was passiert ist.

Frau in einer Kirche im Gebet / © No-Te Eksarunchai (shutterstock)
Frau in einer Kirche im Gebet / © No-Te Eksarunchai ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Am Mittwoch ist es bei dem letzten synodalen Treffen der australischen katholischen Kirche zu einem Eklat gekommen. Da haben Dutzende Frauen teils weinend diese Tagung verlassen und die Konferenz wurde unterbrochen. Was ist da geschehen? 

Klaus Prömpers (privat)
Klaus Prömpers / ( privat )

Klaus Prömpers (Journalist und Kirchenexperte): Da ging es um die Abstimmung der Frage, wie so häufig sehr kontrovers besprochen und dann dennoch in einem Papier erschienen: Können Frauen, wenn der Vatikan es erlaubt durch eine Kirchenrechtsänderung, Diakoninnen werden? Es gab eine große Mehrheit von 148 Stimmen der insgesamt 277 Abstimmungsberechtigten.

Aber die Zweidrittelmehrheit, die auch in Australien nötig ist bei den Bischöfen, um etwas durchzusetzen, die wurde nicht erreicht. Das war der Eklat. Das heißt, die Bischöfe sagten tendenziell "Nein" dazu. Das hatte dann den Auszug vieler Frauen aus der Versammlung zur Folge sowie Tränen und Vorwürfe. Dann gab es eine Phase der Besinnung und den Versuch, einen Kompromiss zu finden. 

DOMRADIO.DE: Wie ist man aus dieser verfahrenen Situation dann wieder herausgekommen?

Prömpers: Man hat ein vierköpfiges Gremium eingesetzt, das versucht hat, das alles neu zu formulieren, aber auch einzuwirken auf jene Bischöfe, die diese Zweidrittelmehrheit verpatzt haben in der Bischofskonferenz. Schließlich hat man einen neuen Vorschlag vorgelegt, der dann auch angenommen worden ist.

Der frisch gewählte Vorsitzende der Bischofskonferenz, der Erzbischof von Perth, Timothy Costelloe, hat dann bilanziert und gesagt: "Wir sollten verstehen, dass dieser Moment einen Aufruf Gottes an uns beinhaltet." Die Kompromissfindenden haben noch einmal daran erinnert, dass schon Paul VI. am Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils gesagt hat, dass die Frauenfrage eine wichtige Frage der Zukunft sei. Und auch andere Bischöfe haben dem beigepflichtet. So kam es schließlich zum Kompromiss. 

Klaus Prömpers (Journalist)

"Da ist der Drang zu spüren, wie auch bei uns in Deutschland und anderswo: Frauen wollen gleiche Rechte haben in der Kirche wie Männer"

DOMRADIO.DE: Wie sieht dieser Kompromiss nun aus, den man gefunden hat? 

Prömpers: Der Kernsatz des Kompromisses ist, ich zitiere wörtlich: "Wir bezeugen die gleiche Würde von Frauen und Männern vor Gott." Das ist der Titel des neuen Papiers. Das schließt eben auch ein, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind in der Kirche ab dem Beginn der Taufe.

Es schließt auch ein, dass, wenn es zu einer Kirchenrechtsänderung kommt und Frauen zu Diakoninnen geweiht werden können, die australischen Bischöfe dann aufgefordert werden, dies umzusetzen. Das ist natürlich teilweise noch Zukunftsmusik, aber auch da ist der Drang zu spüren, wie auch bei uns in Deutschland und anderswo: Frauen wollen gleiche Rechte haben in der Kirche wie Männer. 

DOMRADIO.DE: Insgesamt hat die Kirchensynode aber noch mehr Themen gesetzt?

Prömpers: Zentral ist die Frage der Umwelt in der Kirche Australiens behandelt worden. Auch die Frage des Umgangs mit den Aborigines, also den Ureinwohnern Australiens, die sowohl von staatlichen Stellen, aber eben auch von der katholischen Kirche in der Vergangenheit stiefmütterlich behandelt worden sind. Es ist nicht so ganz schlimm, soweit ich weiß, wie das in Kanada gewesen ist, aber es gab eine Rolle der Minderwertigkeit, die den Ureinwohnern dort zugeschrieben worden war.

Das will man heilen und verbessern und die Situation dieser Menschen in der Kirche künftig besser behandeln. Auch da ist festgeschrieben worden: Synodale Strukturen sollen von der Pfarrei über die Diözese bis hin zur Nationalen Versammlung in fünf Jahren realisiert sein, sodass der synodale Prozess nicht mit dem Gottesdienst am Samstag abschließt, sondern fortgeführt wird. 

DOMRADIO.DE: Wie sieht denn jetzt die Zukunft der Kirche in Australien aus? Also ist abzusehen, ob sie sich von diesem enormen Vertrauensverlust erholen wird können? 

Prömpers: Im Moment sieht es nicht danach aus, aber man kann das natürlich nicht abschließend sagen, weil man noch nicht weiß, wie die Weltbischofssynode im Herbst 2023 ausgehen wird und welche Impulse die dann wirklich weltweit gibt. Und: Welche Impulse kann der Papst noch geben in den nächsten Wochen und Monaten, die den konservativen Teil des Klerus in Australien etwas einhegen? Da gibt es, ähnlich wie in anderen Ländern, einen sehr konservativen Kern und liberale und fortschrittswillige Bischöfe unter den 45 Bischöfen insgesamt.

Wie sich das am Ende entwickelt? Im Moment sieht es so aus, dass die Kirche zurückgeht. Die Mitgliedschaft sinkt, in den letzten vier Jahren sind zwei Prozent ausgetreten. Das erscheint auf den ersten Blick nicht viel, aber die Tendenz ist ähnlich wie bei uns in Deutschland. Insgesamt, also Katholiken, Protestanten und andere, sind Christen mittlerweile in der Minderheit, auch in Australien. 

Klaus Prömpers (Journalist)

"Es ist zunächst mal zur Kenntnis zu nehmen, dass es diesen Prozess gibt und dass der im Grunde sehr ähnlich verläuft wie in Deutschland"

DOMRADIO.DE: Gibt es was, was andere Länder, vielleicht auch sogar wir in Deutschland, daraus lernen können? 

Prömpers: Ich finde, es ist zunächst mal zur Kenntnis zu nehmen, dass es diesen Prozess gibt und dass der im Grunde sehr ähnlich verläuft wie in Deutschland. Nicht ganz so strukturiert, weil es kein äquivalentes Gremium zum Zentralkomitee der deutschen Katholiken gibt. Aber in der Anlage ist auch angelegt, dass sowohl Priester wie Ordensleute, weiblich wie männlich und Laien kooperieren, miteinander zusammenarbeiten, neue Wege suchen und versuchen zu finden.

Dieses gemeinsame Voranschreiten, immer auch unter dem Rubrum des Heiligen Geistes, an den immer wieder appelliert wird, ist im Grunde schon durchaus ähnlich zu dem, was in Deutschland sich anfängt anzubahnen. Ob sich das dann in allen Diözesen umsetzen lassen wird, hängt natürlich vom Ortsbischof ab, denn bisher ist die Rechtslage natürlich überall so: Der Ortsbischof bestimmt, was von solchen Vorschlägen in seiner Diözese umgesetzt wird. Aber der Druck ist groß, ähnlich wie in Deutschland, dass die Bischöfe, wenn ich das so sagen darf, in die Puschen kommen und was tun.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Anteil der Christen in Australien sinkt auf unter 50 Prozent

Der Anteil der Christen in Australien ist laut neusten Statistiken erstmals seit Beginn der Erhebungen vor 110 Jahren auf unter 50 Prozent gesunken. Insgesamt bezeichnet sich eine steigende Zahl von Menschen als "nicht religiös", wie aus den am Dienstag vom Amt für Statistik (ABS) veröffentlichen Daten der Volkszählung 2021 hervorgeht. 44 Prozent identifizierten sich demnach als Christen, während es vor fünf Jahren noch 52 Prozent und vor zehn Jahren 61 Prozent gewesen seien.

Australien Flagge / © Larich (shutterstock)
Quelle:
DR