"Mehr als Schwarz & Weiß" - unter diesem Titel öffnet am Dienstag die große Jubiläumsausstellung der Dominikaner in Regensburg. Der Orden begeht 2016 sein 800-jähriges Bestehen und stellt sich aus diesem Anlass den Licht- und Schattenseiten seiner Geschichte: Heilige, Mystiker, herausragende Gelehrte brachte der Predigerorden hervor, sogar einen Friedensnobelpreisträger - aber eben auch gefürchtete Inquisitoren und fanatische Hexenjäger.
Regensburg ist für die Schau ein idealer Ort. Zeitweise gab es in der Donaustadt zwei dominikanische Frauenklöster und ein Männerkloster. Die heute noch dort ansässigen 14 Schwestern zählen zu den wenigen Ordensleuten in Deutschland, die auf eine völlig ungebrochene Geschichte ihrer seit 1233 bestehenden Niederlassung zurückblicken dürfen. Reformation, Kriege, Säkularisation und auch die Nazis änderten daran nichts. Sankt Blasius ist eine der größten und bedeutendsten Bettelordenskirchen Deutschlands, ein Referenzwerk der frühen Gotik.
Begonnen schon vor 1246, betrug die Bauzeit rund 150 Jahre. Der Architekt ist unbekannt. Möglicherweise verbirgt er sich in einer Figur, die unter dem letzten Rundbogen des nördlichen Seitenchors kauert, in Dominikanertracht, einen Zirkel in der Hand. Die älteste deutsche Inschrift Regensburgs weist sie als "Bruder Diemar" aus.
Szenen aus dem Leben des heiligen Thomas von Aquin
Reste von Fresken zeugen von der einst bunten Ausmalung des imposanten Baus. Eine Rarität ist der Bilderzyklus mit Szenen aus dem Leben des heiligen Thomas von Aquin, dem überragenden Dominikanertheologen. Hier lauscht er konzentriert seinem Lehrer Albertus Magnus. Ein Mithörer der Vorlesung kann dagegen ein Gähnen nicht unterdrücken.
Der Universalgelehrte Albertus Magnus war von 1260 bis 1262 Bischof von Regensburg. Diese Beförderung passte seinem Ordensoberen gar nicht, wie man bei einer Hörstation erfährt. Humbert von Romans war entsetzt und wünschte seinen Mitbruder in einem langen persönlichen Brief lieber auf die Totenbahre als auf den bischöflichen Stuhl.
Karriere und Armutsgelübde vertrugen sich in den Anfangszeiten des Ordens nicht. Später brachten die Dominikaner selbst Päpste hervor. Und auch vom Verbot, bei Reisen ein Pferd zu nehmen statt zu Fuß zu gehen, war recht bald schon nicht mehr die Rede.
Historische Exponate und zeitgenössische Kunst
Zum Ausstellungskonzept gehört, historische Exponate mit zeitgenössischen Kunstwerken zu kontrastieren. Das Gewand der mittelalterlichen Schutzmantelmadonna vom Kongregationsaltar der bis heute mitgliederstarken Marianischen Männerkongregation ist durch zwei rote Stoffbahnen bis weit ins Hauptschiff hinein verlängert. Im südlichen Chor empfängt den Besucher am Boden eine weitere Installation: ein gigantischer hölzerner Rosenkranz mit elf gegeneinander beweglichen, rechteckigen, aber in sich geschlossenen Gliedern. Der Künstler hat sie mit der Kettensäge alle aus einem einzigen Stamm geschnitten.
Die Dominikaner sind glühende Marienverehrer. Zu dem von ihnen gehüteten Legendenschatz zählt, dass die Gottesmutter persönlich ihrem Ordensgründer einen Rosenkranz geschenkt habe. Entsprechend allgegenwärtig ist Maria in der Jubiläumsschau. Zu den anrührendsten Figuren zählt eine kaum 30 Zentimeter hohe Holzskulptur aus dem frühesten 14. Jahrhundert. Eine selig lächelnde, schwangere Maria trägt ein herausnehmbares Jesuskind im Leibe. Das Geheimnis der Gottesgeburt - mit Händen zu greifen.
Nach einem alten Wortspiel sind die Dominikaner auch die (Spür-)Hunde des Herrn (lateinisch: domini canes). Deswegen wird die Ausstellung von etlichen Vierbeinern bevölkert, stets mit weißem Fell und schwarzen Flecken darauf, mal mit langer, feuerroter Zunge, mal mit fletschenden Zähnen. Mancher trägt eine Fackel im Maul. Sie steht für den dominikanischen Gründungsauftrag, das Feuer des Glaubens in alle Welt zu tragen. Dem Feuereifer der Inquisitoren fielen später einige Dominikaner selbst zum Opfer, etwa Giordano Bruno. So besteht die Geschichte dieses Ordens eben aus "mehr als schwarz und weiß".