Die beiden jüdischen Seelsorger Moshe Flomenmann und Shneur Trebnik sollen in Baden-Württemberg angehenden Polizisten während ihrer Ausbildung Wissen über das jüdische Leben vermitteln und allen Polizeimitarbeitern sowie Angehörigen als Vertrauenspersonen zur Verfügung stehen.
Jungen Polizisten Judentum vermitteln
Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte bei der Amtseinführung, er sei gefragt worden, wie viele jüdische Polizistinnen und Polizisten es in Baden-Württemberg gebe. "Ich vermute mal, es ist allenfalls eine zweistellige, nicht einmal eine dreistellige Zahl unter den 35.000 Beschäftigten bei der baden-württembergischen Landespolizei", sagte Strobl. Die beiden Polizeirabbiner sollten zwar auch Ansprechpartner für Polizisten jüdischen Glaubens sein. Ihre Hauptaufgabe sei aber eine andere: "Sie sollen insbesondere jungen Polizistinnen und Polizisten - und nicht nur den jungen - jüdisches Leben, wie es heute stattfindet in Deutschland, näherbringen", betonte der Innenminister.
Zur Frage, warum keine genaue Zahl jüdischer Polizeibeamter in Baden-Württemberg genannt werde, teilte das Innenministerium auf Anfrage mit: "Die Religionszugehörigkeit unterliegt der grundrechtlich geschützten Religionsfreiheit und hat daher keinerlei Einfluss auf den Zugang zu einem öffentlichen Amt." Sie werde weder im Zuge der Einstellung noch zu einem späteren Zeitpunkt erhoben.
Gegen Hass und Hetze
Strobl sagte weiter, es gelte, Hass und Hetze, die Antisemitismus verstärkten, entschieden zurückzuweisen und "auszulöschen, bevor sich ein Feuer entwickelt". Der Minister betonte: "Wehret der Anfänge." Juden müssten in Deutschland "nicht nur sicher sein, sondern sich auch sicher fühlen".
Der Leiter der jüdischen Gemeinde in Ulm, Rabbiner Shneur Trebnik, ist für den württembergischen Landesteil zuständig. Als Polizeirabbiner für Baden betreut demnach Rabbiner Moshe Flomenmann Polizisten und Polizeischüler. Der Minister überreichte beiden als symbolisches Zeichen der Amtseinführung jeweils eine Schirmmütze der Polizei.
Modernes jüdisches Leben
Bei einer Podiumsdiskussion im Anschluss sagte Flomenmann, wenn Polizeikräfte eine Synagoge bewachen müssten, wollten sie oft wissen, was sich hinter den Mauern verberge oder was ein Rabbiner sei. "Wir wollen etwas Normalität in das bringen, was wir Geschichte nennen", sagte Flomenmann. 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland umfasse nicht nur den Holocaust. Man wolle "modernes jüdisches Leben im Jahr 2021 präsentieren". Rabbiner Trebnik ergänzte: "Wenn sich durch unsere Arbeit die Einstellung gegenüber jüdischen Menschen nur einen Tick verbessert, haben wir viel erreicht."
Der Vorsitzende der badischen Israelitischen Gemeinschaft, Rami Suliman, sagte: "Antisemitismus lässt sich nur durch Aufklärung schwächen." Was dem Menschen vertraut sei, gebe ihm Sicherheit, Unbekanntes verunsichere ihn. Er hoffe, dass andere Bundesländer dem Beispiel Baden-Württembergs mit der Ernennung von Polizeirabbinern folgten.