Die Entscheidung widerspreche dem mit verschiedenen Gruppen erreichten Abkommen "die Klagemauer als einendes Symbol für Juden in aller Welt zu etablieren", heißt es laut israelischen Medienberichten in einer Stellungname der "Jewish Agency".
Für Kritik sorgte auch der Rückhalt des Kabinetts für einen Gesetzentwurf, der nichtorthodoxe Gebetspraktiken wie das Tragen von Gebetsschals und Teffilin von Frauen sowie gemeinsame Gebete von Männern und Frauen an der Klagemauer verbieten will.
Potential zur Spaltung der Nation
Der Regierungsentscheid unterminiere Israels Identität als Heimat für alle Juden und habe das Potenzial, die Nation zu spalten, so die Jewish Agency. In Protest zu der Entscheidung sagte die Organisation zuvor ein Abendessen mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ab.
Der neugewählte Aufsichtsratspräsident der Jewish Agency, Michael Siegal, sagte gegenüber der Tageszeitung "Haaretz" (Onlineausgabe von Montagnachmittag), man werde die Beziehungen zur israelischen Regierung neu ausloten. Deren Handlungen bedrohten das jüdische Volk.
"Wir wollen, dass unsere Gemeinden verstehen, dass Unterstützung für Israel nicht zwingend Unterstützung für die israelische Regierung bedeutet", so Siegal laut Zeitung.
Zurückweisung der jüdischen Tradition
Weitere Vertreter reformjüdischer und konservativer Bewegungen kritisierten den Entschluss als Zurückweisung der Tradition von Millionen Juden weltweit sowie als Kapitulation vor strengreligiös-jüdischen Kräften. Der Entscheid sei bezeichnend für die Spaltung zwischen Israel und dem Weltjudentum, sagte etwa der Präsident der Union für Reformjudentum, Rabbiner Jerry Silverman, gegenüber Medien.
Das Kabinett hatte am Sonntag mit zwei Gegenstimmen ohne Enthaltung dafür gestimmt, die seit Januar 2016 geplante Einrichtung einer 900 Quadratmeter großen gemeinschaftlichen Gebetszone südlich der bestehenden geschlechtergetrennten Abschnitte auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Eine Wiederaufnahme des Plans bräuchte laut Medienberichten einen erneuten Regierungsentscheid. Vor allem strengreligiöser Juden hatten scharf gegen die geschlechtergemischte Gebetszone protestiert.
Der Oppositionspolitiker Eleazar Stern (Jesch Atid) hat laut Haaretz unterdessen den israelischen Generalstaatsanwalt aufgefordert, eine Untersuchung einzuleiten. Die Abstimmung gegen den egalitären Gebetsbereich habe die Verfahrensregeln verletzt. Unter anderem habe sie nicht auf der Tagesordnung gestanden, wodurch die Minister nicht ausreichend vorbereitet gewesen seien, begründet er seinen Antrag laut Bericht.