Um Juden logistisch effizient per Güterzug in Vernichtungslager wie Auschwitz zu bringen, hatten die deutschen Besatzer 1941 das nördlich von Prag gelegene Ghetto eingerichtet. Frittas Zeichnungen zeigen eine Welt des Leids und der Verzweiflung, aber auch Momente der Menschlichkeit und Wunschbilder für seinen kleinen Sohn. Fast sieben Jahrzehnte nach dem Tod des tschechisch-jüdischen Karikaturisten in Auschwitz werden seine Arbeiten aus dem Ghetto nun erstmals in Deutschland in einer Einzelschau ausgestellt.
"Dunkelheit herrschte im Keller, als wir am Abend das Knarren der Bremsen hörten und gleich darauf das charakteristische Gebrüll der SS, die in den Keller stürmte und uns mit Knüffen und Schlägen in die verdeckten Lastautos hineintrieben. Dort fanden wir unsere Frauen, weinend, aber glücklich bei unserem Anblick. Frittas Frau war da mit dem dreijährigen Sohn Tomas." So erinnerte sich Frittas Künstlerkollege Leo Haas, der den Krieg überlebte, später an den Abtransport ins Gestapogefängnis der Festung von Theresienstadt.
Kurz zuvor waren die heimlichen Zeichnungen aufgeflogen. Verhört wurde Fritta vom Organisator des Holocaust, Adolf Eichmann, persönlich. Das Urteil: Wegen "Greuelpropaganda" ins Vernichtungslager nach Auschwitz. Der Künstler und seine Frau fanden bald darauf den Tod. Zwar überdauerten Frittas Bilder, wurden aber bis heute selten im Original gezeigt. Dem Jüdischen Museum hatte Frittas Sohn Tomas, der das Ghetto als Kleinkind überlebte, die über 100 großformatigen Tuschezeichnungen und Skizzen vor rund zehn Jahren als Dauerleihgabe anvertraut. Allerdings zeigte das Museum davon nur einige ausgewählte Skizzen in seiner Dauerausstellung. Vor kurzem wurden die großformatigen Tuschezeichnungen restauriert und sind nun Gegenstand der Ausstellung.
Die meisten werden ermordet
Nach der Einweisung ins Ghetto Theresienstadt hatte die Kommandantur Frittas Talent erkannt. Sie machte ihn zum Leiter des Zeichenbüros. Der Auftrag: Propaganda-Bilder und Baupläne von Aufbauarbeiten zeichnen, die das Ghetto als reibungslos funktionierende und unter Selbstverwaltung stehende Siedlung präsentierten. Die SS wollte der Weltöffentlichkeit vorgaukeln, dass zwischen den Festungsmauern der alten Garnisonsstadt eine jüdische Mustersiedlung entstünde.
Doch heimlich hielten Fritta und seine Künstlerkollegen wie der deutsche Jude Leo Haas fest, was sie tatsächlich sahen: Hungernde, Todestransporte, Hoffnungslosigkeit. Theresienstadt war entgegen der NS-Propaganda wie andere Ghettos und Lager auch eine Hölle. Ursprünglich angelegt für 7.500 Bewohner, kämpften hier bald bis zu 60.000 Juden aus vielen Teilen Europas gleichzeitig ums Überleben. Historiker schätzen, dass zwischen 1941 und 1945 über 150.000 Menschen interniert waren. Den Großteil ermordete die SS in Vernichtungslagern. Viele andere verhungerten im Ghetto oder starben an Krankheit und Gewalt.
Das Ghetto als Triumph des Todes
Zwischen all dem Elend zeigt Fritta immer wieder Momente der Menschlichkeit. So auch Ghetto-Bewohner, die sich eine Variete-Aufführung von Akrobaten anschauen. Denn in das "Vorzeigeghetto" Theresienstadt verschleppten die Deutschen zahlreiche jüdische Künstler, die ein vielfältiges Kulturleben aufrechterhielten.
"Fritta nutzte Stilmittel der Karikatur, des Expressionismus und des Symbolismus, um die groteske Scheinwirklichkeit einer angeblichen jüdischen Mustersiedlung in aller Schärfe bloß zu stellen", erklärt Ausstellungskurator Denis Grünemeier. Statt als Mustersiedlung zeigt Fritta das Ghetto als Triumph des Todes. Schlaglichter und Schatten setzen filmartig die gespensterhaften Gestalten in Szene. Kein anderer Künstler, so der Kurator, brachte einen derart intensiven künstlerischen Willen mitten im Grauen des Ghettos zum Ausdruck.
Die Ausstellung im Jüdischen Museum Berlin ist bis zum 25. August täglich von 10.00 bis 20.00 Uhr, montags auch bis 22.00 Uhr, zu besichtigen.