Jugendbischof Wiesemann über seine Eindrücke vom Weltjugendtag

"Signale gesetzt"

Der deutsche Jugendbischof Karl-Heinz Wiesemann, der Vorsitzende der Jugendkommission der Deutschen Bischofskonferenz, über seine Eindrücke von dem riesigen Glaubensfestival mit Papst Franziskus.

Jugendbischof Wiesemann trifft Pilger (DR)
Jugendbischof Wiesemann trifft Pilger / ( DR )

KNA: Bischof Wiesemann, was ist das Besondere an einem Weltjugendtag in Rio?

Wiesemann: Da fällt mir vieles ein, vor allem die freundliche Aufnahme und die brasilianische Herzlichkeit und Lebendigkeit. Rio ist eine faszinierende Stadt und eine Stadt der Gegensätze. Es ist wichtig, dass junge Leute das wahrnehmen: die sozialen Gegensätze, die Probleme, die eine solche Stadt hat, den Charme und auch das Unansehnliche - das, was man leicht verdrängen will, aber nicht verdrängen kann und darf.

KNA: Ein Schwerpunkt waren die sogenannten Katechesen, in denen die Bischöfe mit den Jugendlichen diskutiert und Gottesdienst gefeiert haben. Wie haben Sie das erlebt?

Wiesemann: Das ist ja ein wichtiger Grundgedanke, dass Bischöfe sich direkt mit Jugendlichen auseinandersetzen. Darin liegt eine Riesenchance. Denn ich muss schon überlegen, wie so eine Katechese bei jungen Menschen ankommt. Und umgekehrt geht es darum, dass ich bei den Begegnungen und Fragerunden zuhöre und Antworten finde auf die Frage, was junge Leute wirklich interessiert und bewegt. Ich darf nicht an ihnen vorbei reden, nicht über sie hinweg, sondern mit ihnen. So sollte es eigentlich sein.

KNA: Was sind das für Themen?

Wiesemann: Viele Fragen drehen sich um den Glauben: Was ist, wenn man Gott nicht spürt, wenn er weit weg ist? Was ist mit dem Leid in der Welt? Wir haben sehr viel über Wahrheit und Gerechtigkeit gesprochen - ein wichtiges Thema in Brasilien, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Korruption. Wenn die Jugendlichen einmal erleben, was in dieser Gesellschaft an der Tagesordnung ist, kommen ihnen sehr grundsätzliche Fragen nach Gerechtigkeit.

KNA: Wie haben Sie Papst Franziskus dabei erlebt?

Wiesemann: Beeindruckend! Die Veranstalter haben eine im besten Sinne "gute Show" auf die Beine gestellt - und das keineswegs oberflächlich und effektheischend. Der Papst sprach mit einer Eindringlichkeit in der Stimme und mit einer Authentizität, dass man sofort merkte: Er hat sich diese Botschaft zu eigen gemacht, es ist seine Botschaft. Wenn er sagt: "Der Glaube ist revolutionär", dann klingt das auch so. Gerade hier in Lateinamerika sind viele Prozesse im Gären, und er hat Signale gesetzt.

KNA: Ist denn so eine Massenveranstaltung in Zeiten von Facebook noch aktuell?

Wiesemann: Wenn es nicht so wäre, hätten wir nicht weit über eine Million junge Leute hier gesehen. Auch in Brasilien wissen die Jugendlichen mit Facebook und anderen Medien umzugehen - und tendenziell haben eher die, die auch damit umgehen können, den Weg zum Weltjugendtag gefunden. Nein, soziale Netzwerke sind eine wichtige Realität für junge Leute, aber sie wissen auch: Die unmittelbare Begegnung können sie nicht ersetzen!

Das Interview führte Harald Oppitz.


Gespräche auf Augenhöhe (KNA)
Gespräche auf Augenhöhe / ( KNA )
Quelle:
KNA