Jugendbuchautorin zu Gefahren für Kinder im Internet

"Virtuelles nicht mit Realem verwechseln"

Ein 12-Jähriger lernt über ein Online-Spiel jemanden kennen und wird entführt, bis er schließlich von der Polizei befreit wird. Der aktuelle Fall aus Düsseldorf zeigt, welche Gefahren im Internet lauern. Doch wie kann man Kinder davor schützen?

Onlinespiele: Die Gefahr lauert im Netz / © Robert Schlesinger (dpa)
Onlinespiele: Die Gefahr lauert im Netz / © Robert Schlesinger ( dpa )

domradio.de: Ein harmloses Spiel wird zur Missbrauchsfalle. Wie groß ist denn die Gefahr in Netz?

Antje Szillat (Jugendbuchautorin): In Zeiten des Internets ist die Gefahr ziemlich groß. Es werden oftmals virtuelle Kontakte persönlichen Kontakten vorgezogen. Und im Internet kann sich jeder als derjenige ausgeben, der er gerne sein möchte. Ähnlich habe ich es in meinem Buch "Alice im Netz" beschrieben. Die Protagonistin Alice ist da auch durch ihre Öffentlichkeit, ihren Blog und ihre Freizügigkeit im Netz plötzlich in der Situation, dass sie gestalkt wird, durch das Internet gejagt wird und sich später auch im wahren Leben damit auseinandersetzen muss.

domradio.de: Sie schreiben über ein Mädchen, das Anerkennung und scheinbar einen Seelenverwandten im Internet findet. Das Buch wird vor allem als Unterrichtsmaterial verwendet. Sind die Schulen denn in diesem Thema schon ausreichend drin?

Szillat: "Alice im Netz" ist ja schon im Jahr 2009 erschienen. Ich habe seitdem sicherlich schon so um die 200 Schullesungen gemacht. Es wird ganz oft von Lehrern als Klassenlektüre eingesetzt und verbreitet. Vor einigen Jahren ist allerdings auch eine Aktion gestartet worden, wo man auch die Eltern mit ins Boot holen wollte. Das ist leider gescheitert, was sehr traurig und bedenklich ist.

domradio.de: Kinder und Jugendliche wachsen heute ganz selbstverständlich mit Smartphone und Tablet auf. Verbieten ist sicher keine Lösung. Gibt es denn Möglichkeiten, die Netzaktivitäten eines Kindes ein Stück weit zu "überwachen"?

Szillat: Verbieten ist tatsächlich die schlechteste Lösung. Kindern wachsen einfach in diesem Zeitalter auf. Wenn man später einmal eine Bewerbung schreiben muss, sollte man sich in der virtuellen Welt auskennen, sonst scheitert man. Das gehört dazu. Das ist die Entwicklung. Ich kann nur aus meiner persönlichen Sicht als Mutter berichten. Ich bin gemeinsam mit meinen Kindern durchs Internet gesurft und wir haben über Facebook und Co gesprochen - bei meinen Kindern ist das übrigens inzwischen gar nicht mehr so "in". Ich habe dabei so unpädagogisch wie möglich versucht, sie auf die Gefahren hinzuweisen. Dabei war mir aber auch klar, dass ich nicht einmal ansatzweise eine Ahnung von den wirklichen Gefahren habe, die dort lauern können.

Mein Tipp, den ich den Kindern und Jugendlichen geben könnte, wäre, dass sie die virtuelle Welt und die virtuellen Kontakte nicht mit der realen Welt und realen Kontakten verwechseln sollten. Oftmals, wie man in dem aktuellen Fall des vermissten Jungen gesehen hat, verbirgt sich hinter der virtuellen eine ganz andere reale Person. Man sollte offen mit den Jugendlichen darüber reden und sich gemeinsam im Internet umschauen und auf Gefahren hinweisen. Als ich für mein Buch recherchiert habe, war es aber vermehrt so, dass die Missbrauchsfälle, die über Online-Kontakte eingefädelt wurden, Erwachsenen passiert sind. Natürlich sind Kinder und Jugendliche da besonders gefährdet, aber auch die Erwachsenen können sich von diesem Thema wahrhaftig nicht ausnehmen.

Das Interview führte Verena Tröster.


Quelle:
DR