Jugendliche sprechen in Auschwitz mit Zeitzeugen

Damit das Unrecht nicht vergessen wird

Einzigartige Gespräche und berührende Erfahrungen. So beschreiben Jugendliche vor dem Treffen mit Zeitzeugen in Auschwitz ihre Erwartungen. 26 Jugendliche sind in dieser Woche auf Einladung des Maximilian-Kolbe-Werks nach Auschwitz zu einer internationalen Begegnung mit Überlebenden gefahren.

Autor/in:
Kerstin Kotterba
 (DR)

Im Alter von 13 Jahren begegnete die Schülerin Anastasia Marie Kobisch zum ersten Mal einem Überlebenden aus einem Konzentrationslager. "Es ist einfach ergreifend, wenn man von den Schicksalen der Menschen erfährt - spannend und traurig zugleich", sagt die mittlerweile 19 Jahre alte Schülerin.



Eine Woche lang diskutieren die jungen Europäer aus acht Nationen über die Weitergabe der Geschichte an die nachfolgenden Generationen. Die Veranstaltung findet im Rahmen der Gedenkfeier zum 66. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau am 27. Januar 1945 statt. Das Werk ist benannt nach dem 1941 in Auschwitz ermordeten Franziskaner Maximilian Kolbe. Sie will Menschen gleich welcher Religion, Konfession oder Weltanschauung durch persönliche Begegnungen auf dem Weg der Versöhnung zusammenführen.



Ergreifende Details

"Es ist wirklich ergreifend. Die Zeitzeugen können sich oft noch an viele Details erinnern", erzählt Maximilian Riedel, der ebenfalls am Treffen teilnehmen wird. Nicht die Masse der Toten, sondern die Einzelschicksale bewegen den Schüler. Das Interesse des Siegburgers wurde geweckt, als seine Religionslehrerin einen Zeitzeugen in den Unterricht eingeladen hatte. "Es ist fast unglaublich, dass viele Menschen, die den Schrecken miterlebt haben, heute in Freundschaft mit den Deutschen leben können", so der 18-Jährige.



Bisher hat der Schüler noch kein Konzentrationslager besucht und geht deshalb eher rational an das Treffen heran. Er habe viel gelesen und gehört, jetzt sei er gespannt auf die Begegnungen und Erfahrungen. "Jeder von den Zeitzeugen hat sein eigenes Schicksal, die Geschichten sind sehr individuell und besonders", sagt Riedel.



Aktives Erinnern und Gedenken

Anastasia Marie Kobisch wurde schon in ihrer Kindheit mit dem Nationalsozialismus konfrontiert. "Meine Mutter ist jedes Jahr am 13. Februar zu den Friedensdemonstrationen nach Dresden gefahren und hat mich oft mitgenommen", erzählt die Schülerin aus Pirna. Kobisch engagiert sich im Verein "Aktion Zivilcourage", der sich bemüht, in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein für das Vorhandensein von Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit zu schaffen. "Es ist wichtig, sich mit dem Thema Nationalsozialismus zu beschäftigen", sagt die Schülerin. Um die Situation der Zeitzeugen etwas nachempfinden zu können, habe sie sich für die Begegnung in Auschwitz beworben.



Im Mittelpunkt des Treffens steht die Frage, wie aktives Erinnern und Gedenken in Zukunft aussehen kann. Denn beiden Jugendlichen ist klar, dass nicht mehr viele Gelegenheiten bleiben, um mit den letzten Überlebenden der Nazi-Konzentrationslager zu sprechen. Wenn es nach Anastasia Marie Kobisch und Maximilian Riegel geht, muss die Weitergabe der Geschichte an die heutige Zeit angepasst werden. "Es muss einfach multimedialer werden, damit die jungen Leute sich interessieren", meint Kobisch. Schulbücher seien beispielsweise oft zu eintönig gestaltet und wirkten daher verstaubt. Maximilian Riedel stimmt ihr zu. "Vor allem die Internetpräsenz ist für unsere Generation wichtig". Man könne Foren und Informationsseiten schaffen und diese auch in den Schulunterricht miteinbeziehen, meint der Schüler. Moderne Formen für junge Leute - damit das Unrecht nicht vergessen wird.