Jugendstudie beleuchtet Rolle der Religiösität und der Ängste

Immer weniger Jugendliche glauben an Gott

Religiöse Vielfalt nimmt zu, der Glaube an Gott bei jungen Christen geht zurück. Das sagt die jüngste Shell Jugendstudie. Junge Muslime hingegen, glauben stärker an Gott. Die größte Angst, ist die vor einem Krieg in Europa.

Jugendliche / © Prostock-studio (shutterstock)

Der Glaube an Gott geht insbesondere bei jungen Katholiken zurück, das geht es einer am Dienstag in Berlin veröffentlichten Shell Jugendstudie hervor. Zudem hat eine deutliche Mehrheit der Jugendlichen in Deutschland offenbar Angst vor einem Krieg in Europa. Für rund 81 Prozent ist dies die größte Sorge. Im Jahr 2019 waren es 46 Prozent.

Auf Platz zwei rangiert mit 67 Prozent die Angst vor Armut (2019: 52 Prozent). Platz drei teilen sich mit jeweils 64 Prozent die Sorge vor Umweltverschmutzung (2019: 71 Prozent) sowie die Angst vor einer wachsenden Feindseligkeit zwischen den Menschen (2019: 56 Prozent).

Politisches Engagement nimmt zu

Für die 19. Shell Jugendstudie wurden rund 2.500 junge Menschen im Alter zwischen 12 und 25 Jahren zu ihren Lebenswelten und Einstellungen befragt. Die Daten werden seit 1953 erhoben. Die aktuelle Jugendstudie trägt den Untertitel "Pragmatisch zwischen Verdrossenheit und gelebter Vielfalt".

Trotz dieser Zukunftsängste bleiben junge Menschen mehrheitlich (55 Prozent) zuversichtlich. 75 Prozent sind mit der Demokratie eher oder sogar sehr zufrieden. Auch sind sie laut Umfrage politisch engagierter als noch vor fünf Jahren: 51 Prozent informieren sich demnach aktiv über politisches Geschehen (2019: 36 Prozent).

Mehrheit für die Nato

Dabei sprechen sich die Befragten mit einer Mehrheit von jeweils etwa zwei Dritteln für die Nato aus (69 Prozent) und verurteilen den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine (60 Prozent). Der Meinung, dass Deutschland die Ukraine weiter auch militärisch unterstützen sollte, ist rund die Hälfte; ein Viertel spricht sich dagegen aus. Jugendliche in den östlichen Bundesländern stimmen weniger zu als in den westlichen.

Knapp ein Drittel der Jugendlichen findet es gut, dass sich Deutschland im Israel/Gaza-Konflikt eindeutig an die Seite Israels gestellt hat, genauso viele lehnen dies ab. Rund ein Viertel ist unentschieden. Ob Deutschland eine besondere Verpflichtung gegenüber Israel hat, beantwortet ein Drittel mit ja, ein Drittel sagt nein, ein Viertel teils-teils.

Besondere Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel?

Soziodemografische Faktoren spielten hierbei eine Rolle, betonen die Autoren: Jugendliche, die entweder selbst oder deren Eltern aus dem arabischen Raum oder der Türkei zugewandert sind, sehen demnach nur zu 26 Prozent eine besondere Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel. 42 Prozent und damit deutlich mehr als in allen anderen Gruppen sind hingegen explizit nicht dieser Meinung.

Religion spielt bei christlichen Jugendlichen laut neuester Shell Jugendstudie eine immer geringere Rolle. Nur noch 38 Prozent der jungen Katholiken geben an, dass ihnen der Gottesglaube wichtig sei. 2002 waren es noch 51 Prozent. Auch bei Protestanten wird der Gottesglaube zunehmend unwichtiger (von 38 auf 35 Prozent).

Nur noch die Hälfte aller 12- bis 25-Jährigen gehört demnach in Deutschland einer der beiden großen christlichen Kirchen an; im Jahr 2002 waren es noch zwei Drittel. Der Anteil muslimischer Jugendlicher stieg in diesem Zeitraum demnach stetig an (von 4 auf 12 Prozent). Fast ein Drittel aller Jugendlichen gehört keiner Religionsgemeinschaft an.

Muslime integrieren Glauben stärker in den Alltag

Auch im Alltag verliert der Glaube für christliche Jugendliche demnach an Bedeutung. Von allen Befragten beten 18 Prozent mindestens einmal in der Woche, 31 Prozent seltener. 49 Prozent beten laut eigener Aussage nie; letzteres sagten laut Studie im Jahr 2002 nur 29 Prozent. Bei der Frage nach dem Vertrauen in gesellschaftliche Institutionen bringen Jugendliche den Kirchen das größte Misstrauen entgegen (2,4 Punkte vom Höchstwert 5). So vertrauen sie etwa der Bundesregierung, der EU, Banken und auch den Parteien mehr als den Kirchen.

Bei muslimischen Jugendlichen ist die Relevanz des Gottesglaubens laut Studie dagegen deutlich höher als bei katholischen oder evangelischen Jugendlichen; sie stieg innerhalb von 20 Jahren von 72 auf 79 Prozent. Muslimische Jugendliche seien «nicht nur 'glaubensfest', sie integrieren ihren Glauben auch stärker in ihren Alltag», erklärten die Studienautoren. 37 Prozent der jungen Muslime beten demnach ein- oder mehrmals am Tag, weitere 26 Prozent zumindest ein- oder mehrmals in der Woche. Nur eine Minderheit von 13 Prozent betet nach eigener Auskunft nie.

Junge Muslime haben demnach auch einen größeren Kinderwunsch als jugendliche Angehörige anderer Religionen oder ohne Religionszugehörigkeit. 84 Prozent der muslimischen Befragten wollen Kinder; bei den Protestanten sind es 74 Prozent, bei den Katholiken 71 Prozent. Den geringsten Kinderwunsch haben mit 57 Prozent die Jugendlichen, die keiner Glaubensgemeinschaft angehören.

Quelle:
KNA