Guns n’ Roses-Shirt, lange blonde Haare und ein altes Nokia-Handy in der Tasche. Marieke Fritzen ist stylisch unterwegs, als Sie sich bei domradio.de Glückwünsche abholt. Die 25-jährige bekommt im Rahmen des größten europäischen Youtuber-Treffens, den Video-Days in Köln, den Youtuber-Nachwuchspreis 1-31.tv verliehen. Ein Nachwuchspreis, der unter anderem von der katholischen und evangelischen Kirche unterstützt wird. Motto in diesem Jahr: "ungeschminkt".
In einer Minute und 31 Sekunden hat Marieke Fritzen die Jury von 1-31.tv überzeugt. Die junge Münsteranerin halte "denjenigen ungeschminkt den Spiegel vors Gesicht, die auf YouTube mit vorgetäuschter Echtheit und aus der Suche nach Anerkennung Profit schlagen wollen", heißt es in der Begründung der Jury.
Kritik an YouTube
Jurypräsident ist Professor Matthias Sellmann, Pastoraltheologe und Leiter des "Zentrums für angewandte Pastoralforschung" der Ruhr-Universität-Bochum. Marieke Fritzen scheint den richtigen Punkt getroffen zu haben. Sellmann meint, YouTube stehe mittlerweile oft in der Kritik, aber sei als orientierende Kommunikationsplattform in dieser Generation zu wichtig, als dass es sich langfristig solchen Misskredit leisten könne.
"Da ist dieses Gesicht, aber mich sehe ich nicht", spricht eine Stimme aus dem Off. Es folgt eine Kritik am Schönheitswahn, an einer Beeinflussung junger Menschen einem Ideal entsprechen zu müssen. Die Plattform dafür ist heute oft YouTube. Die Macher der Videos sind teilweise echte Stars mit Millionen von Abonnenten.
Video Days: Hype um Youtuber
Marieke selber versteht sich als Künstlerin - kann mit dem Hype um Youtuber auf den gerade stattfindenden Video-Days wenig anfangen. Der Kurzfilm der Münsteranerin übt Kritik an den Machern, am Konsum und der Rücksichtslosigkeit der Branche und soll eben auch eine Kritik an YouTube sein.
Gerade auf der deutschen Videoplattform von YouTube befänden sich vorwiegend Beauty-Videos, Tutorials für Outfits und Hairstylings. "Ich finde das alles sehr oberflächlich", sagt Marieke Fritzen im domradio.de-Interview. Ihr fehle die Tiefe. Von dieser Selbstdarstellung habe niemand etwas. Das Video ist unruhig. Knallige Farben, Soundeffekte und Stimmen symbolisieren auf "experimentelle Art und Weise, wie unser Gehirn, gerade bei jungen Menschen in der Selbstfindungsphase, auf all diese Reize reagiert und was von ihnen haften bleibt", heißt es in der Kurzbeschreibung des Videos auf YouTube.
Von Barbie Girl bis Heidi Klum
Zu hören sind Werbestimmen, aber auch US-Präsident Trump, Heidi Klum oder der Song "Barbie Girl". Zu sehen ist ein Mädchen mit Popcorn, konfrontiert mit einem solchen "Beauty-Video". Solche "Videos prasseln auf einen ein", sagt Marieke Fritzen im Interview. Eine Beeinflussung, die vor allem für ihre Generation gelte, so Fritzen. Durch die Nutzung von Sozialen Medien, nehme man schließlich immer Teil an fremden Leben und sehe wie perfekt alles sei und wie schön die Menschen aussehen.
"Eine Welt in der aus Unsicherheit ein Geschäft gemacht wird". Wenn man sich ein Video von "Bibis Beauty Palace" angucke, dann habe man das Gefühl, es spreche eine Freundin zu einem. Über Dinge, die wichtig sind und eben nicht rein oberflächlich sind, werde in solchen Videos nicht gesprochen. "Ungeschminkt" bedeute die Wirklichkeit zu zeigen und die sei keineswegs eine Schattenseite, so Marieke Fritzen.