DOMRADIO.DE: 1951 wurde "Pueri Cantores" vom Vatikan anerkannt. Damals waren es aber nur Knabenchöre. Das hat sich aber geändert, oder?
Gabriele Sichler-Karle (Paderborner Domkantorin): Richtig. Inzwischen gehören natürlich Mädchenchöre, Kinderchöre und Jugendchöre mit zum Verband. Knabenchöre waren wohl daher der Anfang, weil es in Frankreich vor dem ersten und zweiten Weltkrieg schon eine Bewegung gab: Die "petits chanteurs a la croix". Das war die Idee, die weitergeführt wurde, aber natürlich mit ganz anderen Intentionen. Abbé Fernand Maillet, der diesen Verband angeregt und gegründet hat, hatte die Weltkriege im Hinterkopf und hatte als Motto ausgegeben: "Morgen werden alle Kinder der Welt den Frieden Gottes singen". Und so tun sie das jetzt auch. Sowohl bei unserem Festival, als auch bei anderen Festivals weltweit.
Der Chorverband strukturiert sich so, dass es sowohl in den Diözesen hier bei uns in Deutschland einen Verband gibt, dann gibt es den Dachverband, den Deutschen Chorverband, aber auch den internationalen Chorverband. Da sind Chöre aus der ganzen Welt angeschlossen.
DOMRADIO.DE: Warum wird das so gefördert? Wozu dient "Pueri Cantores"?
Sichler-Karle: Es dient dazu, die starkzumachen, die sich für die musikalische Verkündung des Evangeliums und des Glaubens und auch des Friedens als existenzielle Grundlage der "Pueri Cantores" einsetzen. Es sind Kinder und Jugendliche und Sie wissen ja, wie das mit Kindern und Jugendlichen ist: Die brauchen so quasi ihre "Peergroup" (Gruppe von etwa gleichaltrigen Kindern oder Jugendlichen, die als primäre soziale Bezugsgruppe neben das Elternhaus tritt, Anm. d. Red.). Man könnte vielleicht sagen: Die "Pueri Cantores" sind die musikalisch-christliche "Peergroup" von Kindern und Jugendlichen.
DOMRADIO.DE: 94 Chöre werden dann ab Mittwoch bei Ihnen in Ostwestfalen eintrudeln. Und dann gibt jeder sein eigenes Konzert oder was kommt auf die Zuschauer zu?
Sichler-Karle: Das ist ja auch das Besondere bei uns. Wir singen in sogenannten Begegnungskonzerten. Da tun sich zwei bis drei Chöre zusammen, die ein gemeinsames Konzert - und zwar jeder Chor für sich, aber auch gemeinsame Stücke singen. Und die anderen, die in diesem Augenblick kein Konzert, kein Friedensgebet haben, sind als Zuhörer dabei und genauso natürlich alle Paderborner oder alle Gäste, die in Paderborn zu dieser Zeit sind.
DOMRADIO.DE: Das heißt, diese Konzerte finden dann immer im Paderborner Dom statt?
Sichler-Karle: Die finden in den Kirchen von Paderborn statt - in mehreren Kirchen. Und zwar immer zur vollen Stunde. Wenn Sie jetzt in Paderborn sind, können Sie ab Donnerstag entweder in den Dom zum Friedensgebet oder Sie können in die Kirchen zu Begegnungskonzerten gehen. Sie finden immer etwas.
DOMRADIO.DE: Und im Paderborner Dom kommt noch ordentlich was in Bewegung. Diese Aktion ist eine absolute Ausnahme. Erzählen Sie mal!
Sichler-Karle: Ja, da sind wir schon sehr gespannt. Für das Chortreffen wird der Dom ausgeräumt. Das haben wir bei anderen Kirchen auch schon gemacht: in Würzburg, in Trier, in Münster. Aber das ist natürlich in der eigenen Domkirche sehr spannend. Wird es funktionieren? Wir haben natürlich ausgerechnet, wie viele Bänke wir haben und welcher Platz uns zur Verfügung steht. Und ob es klappt, werden wir heute im Laufe des Tages sehen.
DOMRADIO.DE: Das heißt: Nur die Bänke kommen raus, aber der Altar bleibt stehen, oder?
Sichler-Karle: Der Altar bleibt stehen. Den brauchen wir noch.
Das Interview führte Tobias Fricke.