Junger Flüchtling trifft Papst Franziskus in Genua zum Essen

Lunch mit einem "Symbol der Menschlichkeit"

Der Papst engagiert sich für Flüchtlinge und fordert dies auch von seiner Kirche. Die hat jüngst in Genua ein früheres Krankenhaus übernommen, um dort Flüchtlinge zu betreuen. Einige von ihnen trifft Franziskus nun dort.

Autor/in:
Stefanie Stahlhofen
Papst Franziskus / © Alessandra Tarantino (dpa)
Papst Franziskus / © Alessandra Tarantino ( dpa )

Fadil kann sein Glück kaum fassen: Er, beim Mittagessen mit dem Papst? Freude und Überraschung sind ihm anzumerken. Er sei sehr stolz, sagt er, nachdem er sich etwas gefasst hat. "Ich sehe den Papst als Symbol der Menschlichkeit. Er macht großartige Sachen für Menschen wie mich." Dass sich Franziskus für Flüchtlinge einsetzt, hat der 19-Jährige gehört.

Erst Ende April erregte der Papst Aufsehen, als er bekräftigte, dass aus seiner Sicht einige Flüchtlingsunterkünfte "wahrhafte Konzentrationslager" seien. Schlagzeilen machte auch, dass er nach seinem Besuch der Insel Lesbos einige Flüchtlingsfamilien mit nach Italien nahm. Bei seinem Tagesbesuch in Genua am Samstag nun wird Franziskus mit einigen Flüchtlingen zu Mittag essen - und Fadil ist dabei.

Betreuung durch italienische Bischofskonferenz

Vor gut einem Jahr floh er übers Mittelmeer nach Italien, nachdem sein Vater in Kamerun ermordet wurde und er und seine Familie bedroht. Laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk überlebt jeder 35. die Fahrt von Libyen nach Italien nicht. Fadil schaffte es bis Palermo, von dort wurde er nach Genua geschickt. Nun ist er einer der rund 350 männlichen Asylsuchenden zwischen 18 und 24 Jahren, die in der "Via Coronata" vom Flüchtlingsbüro der Italienischen Bischofskonferenz, der Stiftung "Migrantes", betreut werden.

Das Flüchtlingszentrum am Stadtrand liegt idyllisch mitten am Hang im Grünen. Gerade erst haben Kommune und Kirche einen Pakt besiegelt, der dem Erzbistum den Gebäudekomplex für 20 Jahre kostenlos zur Nutzung überlässt. Wo früher das Krankenhaus San Raffaele war, soll ein Sozialzentrum entstehen - nicht nur für Flüchtlinge, auch zur Betreuung von Behinderten, Obdachlosen und Kranken. Bürgermeister Marco Doria widmete das Projekt dem Papstbesuch. Franziskus sei "die glaubwürdigste Stimme zur Unterstützung der Willkommenskultur und dem Respekt den Menschen gegenüber", sagte er bei der Unterzeichnung des Abkommens.

Flüchtlinge helfen bei Sanierung

Doch die Sache hat einen Haken: Die Kirche ist für die Instandsetzung der 12.000 Quadratmeter umfassenden Anlage verantwortlich. Der Leiter von Migrantes in Genua, Giacomo Martino, lässt seinen Blick über das dringend sanierungsbedürftige Gelände schweifen. Nicht nur kaputte Fenster und ein Garten, der einem Dschungel ähnelt; auch die Elektrik und die Sanitäranlagen müssen erneuert werden; eigentlich alles - denn es lag 15 Jahre lang brach. Der Geistliche seufzt. Er sei froh über die Kooperation, aber sie bedeute auch sehr viel Arbeit.

Es riecht nach Farbe und Mörtel. Vier junge Flüchtlinge erneuern einen der alten Räume. Auf freiwilliger Basis packen sie mit an. Das ist Teil des Konzepts: Integration und Ausbildung in einem. Unter Anleitung erfahrener Ausbilder lernen sie etwa Gartenarbeit und Weinbau, Schreiner- und Elektrikerarbeiten; auch Informatikkurse gibt es.

Besonders wichtig ist Martino neben dem Spracherwerb der von Migrantes gestaltete Kurs "Achtsamkeit für die Menschen". Dort lernen die Flüchtlinge, wie sich Italiens Kultur von ihrer unterscheidet. Vom höflichen Handgeben zur Begrüßung im Alltag bis hin zum Umgang mit Kranken und Alten Menschen in der Pflege. Auch auf Religionsfreiheit und Toleranz wird Wert gelegt.

Mehrheit Muslime

Die Mehrheit der jungen Männer hier sind Muslime; ihnen steht ein Zelt als Gebetsraum zur Verfügung. Etwa 25 Prozent der Flüchtlinge hier sind Christen. Laut Martino gab es noch nie Probleme, nur hin und wieder Rangeleien untereinander. "Wie das unter Jugendlichen in dem Alter üblich ist. Das klären sie gut unter sich."

Auch Fadil ist Muslim; seine Mutter sei aber Christin, erzählt er. Zum Papst wäre er gern schon 2010 gegangen, als Benedikt XVI. Kamerun besuchte. Umso mehr freut er sich, jetzt zusammen mit sieben weiteren Flüchtlingen aus der Via Coronata beim Mittagessen mit Papst Franziskus dabei zu sein. Er weiß auch schon, was er ihm sagen würde, sofern sich die Gelegenheit ergibt: "Dass ich sehr stolz auf ihn bin und ihm ein langes Leben wünsche. Er soll unbedingt so weitermachen!"


Quelle:
KNA