Jurist kritisiert Fokus auf Höhe der Anerkennungsleistungen

"Oft zweitrangig"

Zahlt die Kirche Missbrauchsopfern genug Geld? Die Debatte wird intensiv geführt. Der Regensburger Rechtsanwalt Ulrich Weber sieht die Debatte um die Höhe von Anerkennungsleistungen für Missbrauchsopfer kritisch.

Stapel von Geldmünzen und Geldscheinen spiegeln sich vor einer gezeichneten Kuppel des Petersdoms.  / © Julia Steinbrecht (KNA)
Stapel von Geldmünzen und Geldscheinen spiegeln sich vor einer gezeichneten Kuppel des Petersdoms. / © Julia Steinbrecht ( KNA )

In einem Interview der Regensburger Tageszeitung "Mittelbayerische" (Dienstag) berichtete Weber aus seiner Mitarbeit in der Bonner Kommission, die über die Auszahlung solcher Gelder befindet. 

Die Rechtsanwälte Ulrich Weber (l) und Johannes Baumeister besprechen sich vor Beginn einer Pressekonferenz zu den Ergebnissen einer Studie zu sexuellem Missbrauch im Bistum Mainz / © Arne Dedert (dpa)
Die Rechtsanwälte Ulrich Weber (l) und Johannes Baumeister besprechen sich vor Beginn einer Pressekonferenz zu den Ergebnissen einer Studie zu sexuellem Missbrauch im Bistum Mainz / © Arne Dedert ( dpa )

Was er dazu "in aller Vorsicht" sagen könne: "Ich habe den Eindruck, dass der Betrag oft zweitrangig ist. Es geht den Betroffenen darum, die Scham und das Gefühl der vermeintlichen Eigenschuld nicht mehr tragen zu müssen."

Anerkennung ihres Leids

Ganz wichtig sei, dass sich in dieser Leistung die Anerkennung ihres Leids ausdrücke, fügte Weber hinzu. Seit 2021 gibt es eine Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA). 

Sie nimmt Anträge der Betroffenen über die jeweiligen Ansprechpersonen der katholischen Bistümer oder Ordensgemeinschaften entgegen, legt eine Leistungshöhe fest und weist die Auszahlung an Betroffene an. Bei der Bemessung der Leistungshöhe orientiert man sich an Schmerzensgeld-Urteilen staatlicher Gerichte. Eine Höchstgrenze gibt es nicht.

Auch körperliche Gewalt im Blick

Weber wird in den kommenden drei Jahren mit seinem Team ein Gutachten über sexuellen Missbrauch im Bistum Regensburg erstellen. 2017 hatte er bereits einen Bericht über entsprechende Vorgänge bei den Regensburger Domspatzen vorgelegt. 

Diese Untersuchung werde für den neuen Auftrag als "Referenzgröße" dienen, sagte er der "Mittelbayerischen". Wie bei den Domspatzen werde die aktuelle Studie auch massive körperliche Gewalt anschauen, "wenn wir in vom Bistum verantwortete Schulen und Internate, aber auch Studienseminare und Kinderheime gehen, um Interviews zu führen".

Weber räumte ein, dass diese Arbeit auch belastend sei. "Es gibt immer wieder Situationen, in denen man den Stift weglegen muss, weil man schlimme Geschehnisse geschildert bekommt oder solche Dinge aus den Akten liest." 

Ihn erstaune aber, wie weit weg von der Gesellschaft dieses Thema sei, "das so viel Abgründiges aufweist". Er frage sich, wo eigentlich die Gesellschaft gewesen sei, "als diese Taten geschehen sind". Und warum das Thema in der Psychologie und Traumatherapie so lange nicht im Blickfeld gewesen sei.

Regensburger Domspatzen

Die Regensburger Domspatzen sind Deutschlands ältester Knabenchor und einer der berühmtesten Chöre der Welt. Die reisefreudigen Singknaben der Kathedrale zu St. Peter feierten 1976 ihr 1000-jähriges Bestehen. Die Knaben und jungen Männer haben schon vor Papst Benedikt XVI. gesungen. Sein Bruder, Georg Ratzinger, leitete den Chor von 1964 bis 1994. Hinter dem traditionsreichen Namen verbirgt sich eine Institution aus drei Säulen: Chor, Schule und Internat.

Regensburger Domspatzen / © Armin Weigel (dpa)
Regensburger Domspatzen / © Armin Weigel ( dpa )

                                                   

Quelle:
KNA