Justiz beginnt mit Aufarbeitung des Padovese-Mordes

Bischofsmord in der Türkei

Am 3. Juni 2010 wurde der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz in der Türkei, Bischof Luigi Padovese, erstochen. Jetzt steht der mutmaßliche Mörder vor Gericht. In dem Verfahren geht es vor allem um das Mordmotiv und die Schuldfähigkeit des Angeklagten.

 (DR)

Wie der Anwalt der Kirche, Ersan Eris, mitteilte, begann das Verfahren gegen den Angeklagten Murat Altun vor dem Schwurgericht in der südtürkischen Stadt Iskenderun. Altun, der langjährige Fahrer des Bischofs, hat gestanden, Padovese im Juni 2010 erstochen zu haben.



Prozesszunterbrechung bis Ende November

Der Prozess in Iskenderun kam erst nach einem Streit über den Geisteszustand von Altun zustande und wurde am Mittwoch sofort wieder bis zum 30. November unterbrochen. Altun soll nach dem Mord "Gott ist groß" gerufen haben; er wurde zunächst in eine psychiatrische Klinik eingeliefert, später aber in zwei Gutachten für zurechnungsfähig erklärt. Bis zum 30. November sollen nun Widersprüche in den beiden Gutachten ausgeräumt werden. Bei einer Verurteilung wegen Mordes droht Altun lebenslange Haft. Der 27-jährige Angeklagte habe am ersten Prozesstag geschwiegen, berichteten türkische Medien.



Unklarheit besteht nach wie vor hinsichtlich des Motivs für die Tat. Dass Altun psychische Probleme hatte, war Padovese nach Angaben von Familienangehörigen bekannt. Die türkische Presse warf die Frage auf, ob die Hintergründe der Tat möglicherweise eher religiöser oder politischer Natur sein könnten. Der Tatverdächtige selbst soll Medienberichten zufolge vor dem Haftrichter vom "Antichristen" gesprochen haben, den er bekämpfen wollte, und den islamischen Gebetsruf angestimmt haben.



Extremisten hatten in der Türkei in den vergangenen Jahren mehrere Christen ermordet, darunter den katholischen Pfarrer Andrea Santoro sowie den deutschen Missionar Tilman Geske und zwei weitere christliche Protestanten.