Wie die Staatsanwaltschaft Erfurt am Dienstag auf Anfrage bestätigte, ging die Anzeige dort ein. "Es wird nun geprüft, ob Ermittlungen aufgenommen werden", erklärte Oberstaatsanwalt Hannes Grünseisen.
In dem Strafantrag des Klägers, der auf den 2. Februar datiert ist und der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt, wird der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) vorgeworfen, mit der Bewahrung und Weiternutzung von sechs Kirchenglocken mit nationalsozialischen Symbolen und Inschriften in "fünf standortverschwiegenen Kirchen in Thüringen" gegen das Strafgesetzbuch zu verstoßen.
Insbesondere richtet sich der Kläger gegen das Läuten dieser Glocken am Internationalen Holocaust-Gedenktag (27. Januar). Er habe die EKM bereits im vergangenen Dezember mehrfach auf die Problematik hingewiesen und um ein Ende der Nutzung gebeten.
Betroffene Gemeinden informiert
EKM-Pressesprecher Friedemann Kahl sagte auf Anfrage, dass die Landeskirche bereits die betroffenen Gemeinden angeschrieben habe und es im April einen Termin gebe, wo gemeinsam über den Umgang mit diesen Glocken beraten werde. Die EKM biete etwa an, die NS-Symbole abschleifen zu lassen.
Dies müsse aber mit dem Denkmalschutz abgestimmt werden. "Derzeit sind alle betroffenen Glocken nicht öffentlich zugänglich", so Kahl. "Wir sind zuversichtlich, dass wir da eine gute Lösung finden."
Wie der Kläger auf Anfrage bestätigte, stellte er auch im Fall der sogenannten Hitler-Glocke im rheinland-pfälzischen Herxheim am Berg eine Strafanzeige. Vor zwei Wochen hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz entschieden, dass diese im Kirchturm der protestantischen Jakobskirche hängen bleiben darf. Die seit 1934 hängende Glocke ist mit einem Hakenkreuz und der Aufschrift "Alles fuer's Vaterland - Adolf Hitler" versehen.
21 Exemplare in evangelischen Gotteshäusern
Der Kläger hatte gegen einen Beschluss des Gemeinderats von Herxheim geklagt, der entschieden hatte, die Glocke "als Anstoß zur Versöhnung und Mahnmal gegen Gewalt und Unrecht weiterhin hängen zu lassen". Der Kläger machte geltend, als Verwandter von überlebenden Naziopfern sehe er in dem Gemeinderatsbeschluss eine unzumutbare Verspottung und Verhöhnung der Opfer des Hitler-Terrors.
Laut einer Umfrage des Magazins "Der Spiegel" im vergangenen Jahr hängen in mindestens 23 deutschen Kirchen noch heute Glocken mit Bezug zum Nationalsozialismus, davon 21 Exemplare in evangelischen Gotteshäusern und zwei in einer katholischen Kirche.