Justizministerin will Verbindlichkeit ausweiten - Ethikprofessor warnt im domradio vor Folgen

Patientenverfügung auch bei Wachkoma und Demenz?

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat sich dafür ausgesprochen, Patientenverfügungen auch bei Koma-Patienten oder Demenzkranken anzuerkennen. Eine Verfügung müsse in allen Situationen gelten, auch bei langen Krankheitszuständen, wie etwa einem Wachkoma oder einer starken Altersdemenz. Der Ethikprofessor Dietmar Mieth warnt im domradio vor einem schleichenden Übergang zur Euthanasie.

 (DR)

Mieth befürwortet prinzipiell Selbstbestimmung und autonome Moral, warnt aber vor "Illusionen über Selbstbestimmung", man müsse erkennen, wo "sie ausgenutzt wird um gesellschaftliche ökonomische Vorteile zu erzielen". Menschenwürde gäbe es auch im Wachkoma. Das eigentliche Sterben zu verkürzen sei bei vorhandenem Patientenwillen ethisch vertretbar, aber eine die Frage nach aktiver Sterbehilfe müsse negativ beantwortet werden.

"Nicht für einen bestimmten Zeitraum absprechen"
Zypries hatte betont, es sei falsch die Gültigkeit der Patientenverfügungen für diese Gruppe von Krankheiten auf den einsetzenden Sterbeprozess zu beschränken, wie von einigen Bundestagsabgeordneten gefordert werde, so Zypries.

Ein Mensch, der bei vollem Bewusstsein sei, könne entscheiden, ob er sich medizinisch behandeln lasse oder nicht. Das müsse auch für die Situation gelten, in der jemand bewusstlos sei, aber vorher seinen Willen festgelegt habe. Andere Lösungen sind nach Ansicht der Justizministerin mit der Verfassung kaum zu vereinbaren.

"Schließlich kann der Staat einem Menschen nicht für einen bestimmten Zeitraum das Selbstbestimmungsrecht absprechen", so Zypries. Patientenverfügungen nur auf tödlich verlaufende Krankheiten zu beschränken sei zudem schwierig, da es medizinisch nicht immer vorhersehbar sei, wie eine Krankheit verlaufe.

Katholische Bischöfe formulieren Kriterien für Patientenverfügung
Die katholischen Bischöfe sehen in Patientenverfügungen nur ein Element im Dienst eines menschenwürdigen Sterbens. Daneben müssten das Hospizwesen und die Palliativmedizin dringend ausgebaut werden, erklärte die Deutsche Bischofskonferenz Ende März in Bonn. Der Schutz des Menschen am Lebensende sei unbedingt zu gewährleisten. "Deshalb muss jeder Maßnahme einer aktiven Sterbehilfe oder einer ärztlichen Beihilfe zum Suizid eine klare Absage erteilt werden", so die Bischöfe.

In ihrer Stellungnahme formulieren die Bischöfe eine Reihe von Kriterien für eine gesetzliche Regelung der Patientenverfügung. Dazu gehört etwa die Schriftform der Verfügung als Voraussetzung für ihre Wirkung. Änderungen oder Widerruf der Willensbekundung sollten jederzeit möglich sein, Patientenverfügungen deshalb regelmäßig aktualisiert werden. Weiter empfehlen die Bischöfe die Einsetzung eines Bevollmächtigten. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Betreuer oder Bevollmächtigtem und Arzt sollte das Vormundschaftsgericht entscheiden.

Die Bischöfe erteilen Plänen eine Absage, die Einstellung lebensnotwendiger Behandlungen von Patienten im Wachkoma und Menschen mit schwerster Demenz zu erlauben: "Diese Menschen sind keine Sterbenden, sondern Schwerkranke, die unsere besondere Zuwendung und Pflege brauchen." Damit werde die Grenze zwischen ethisch zulässiger passiver und unzulässiger aktiver Sterbehilfe überschritten, wenden sie ein.