Kann das Friedenslicht in Kriegszeiten aus Bethlehem kommen?

"Wir müssen flexibel sein"

Seit 1986 wird das Friedenslicht aus Bethlehem von Österreich aus in ganz Europa verteilt. Im Moment könnte es aber schwierig sein, ein Kind sicher nach Israel zu bringen. Die Organisatoren haben sich bereits Alternativen überlegt.

Kerze wurde am Friedenslicht von Bethlehem angezündet / © Harald Oppitz (KNA)
Kerze wurde am Friedenslicht von Bethlehem angezündet / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Die Aussendungsfeier soll auf alle Fälle stattfinden. Das heißt, die Aktion Friedenslicht 2023 ist im Moment nicht in Gefahr?

Lisa Prior (privat)

Lisa Prior (Vizepräsidentin der Pfadfinderinnen und Pfadfinder in Österreich und verantwortlich für die Aktion Friedenslicht): Nein, das ist sie auf gar keinen Fall. Die internationale Aussendungsfeier wird wie geplant in Linz stattfinden, am 9. Dezember. Die Anmeldungen laufen auch schon ein. Man merkt in Krisenzeiten, dass gerade dieses Symbol bei der Jugend ganz wichtig ist. Das heißt, der Anmeldestand ist für diesen Zeitpunkt eigentlich ein sehr guter. Das wird stattfinden. Definitiv.

DOMRADIO.DE: Das Besondere an der Aktion ist, dass das Licht direkt aus Bethlehem zu uns nach Europa kommt. Es wird von einem Kind abgeholt und zu uns gebracht. Wie läuft das in einem normalen Jahr ab?

Prior: Prinzipiell ist der ORF und das Landesstudio Oberösterreich dafür zuständig. Die suchen ein Friedenslichtkind aus, das dann nach Bethlehem fliegt, also nach Israel fliegt und nach Bethlehem fährt, um dort das Licht in Empfang zu nehmen. Gemeinsam mit dem ORF Oberösterreich bringt dieses Kind das Licht dann zurück nach Wien und dort aus geht dann die Verteilung in Österreich los.

DOMRADIO.DE: Was natürlich im Moment in der aktuellen Lage ein bisschen schwierig sein könnte.

Prior: Ich habe am Donnerstag bereits mit dem ORF Oberösterreich telefoniert. Momentan ist es ganz schwer, Aussagen zu tätigen und es ist auch nicht sehr seriös, jetzt eine Zu- oder Absage zu machen. Man ist sich der Situation selbstverständlich bewusst und das Tagesgeschehen wird permanent beobachtet.

Wir wissen, dass wir flexibel sein müssen und auch sein werden. Aber momentan können wir außer beobachten und spontan sein nicht viel tun.

Friedenslicht von Bethlehem unterwegs / © Axel Heimken (dpa)
Friedenslicht von Bethlehem unterwegs / © Axel Heimken ( dpa )

DOMRADIO.DE: Das heißt, Sie haben auch Alternativpläne für den Fall, dass kein Kind nach Bethlehem fliegen kann?

Prior: Genau, der ORF Oberösterreich hat dann alternative Pläne und kooperiert mit Menschen vor Ort. Wir hatten ja auch während der Corona-Krise nicht die Möglichkeit, ein Kind sicher nach Israel zu bringen. Ja, da gibt es einige Alternativen.

DOMRADIO.DE: Zum Beispiel?

Prior: Eine Alternative wäre, dass das Licht vor Ort entzündet wird von einem palästinensischen oder israelischen Kind und auf den Flughafen gebracht wird. Die Flamme würde dann mit Austrian Airlines unter bestimmten Sicherheitsvorkehrungen nach Österreich gebracht und in Österreich in Empfang genommen. So war es während der Pandemie.

DOMRADIO.DE: Aber es gibt in Österreich auch Flammen, die bereits in Europa brennen, als ewiges Friedenslicht.

Prior: Das gibt es wahrscheinlich nicht nur in Österreich. Es werden sicher verschiedene Länder auch aufgrund der momentan angespannten Situation ihr eigenes Friedenslicht haben, um diese Aussendungsfeier in den eigenen Ländern gestalten zu können und das Licht weitergeben zu können.

Ich gehe davon aus, dass es ganz viele Nationen gibt, die auch ihre Feiern national abhalten können. Auch wenn international das Friedenslicht nicht per se aus Israel oder auch aus Österreich abgeholt werden kann. Es gibt ja auch Länder, die nicht nach Österreich kommen können oder konnten.

DOMRADIO.DE: Welche Rolle spielt denn das Friedenslicht in so unfriedlichen Zeiten wie jetzt?

Prior: Wir gewinnen immer mehr den Eindruck, dass gerade in diesen unsicheren Zeiten dieses Friedenslicht mehr und mehr Bedeutung gewinnt, dass der Frieden im Kleinen, in den eigenen vier Wänden immer wichtiger wird. Es geht auch darum, dass das Friedenslicht in möglichst vielen Haushalten leuchtet, um an Weihnachten einfach als Symbol des Friedens sichtbar zu sein.

Aber was wir auch bemerken, ist, dass dieser Wunsch nach Frieden immer stärker und immer größer wird. Je unsicherer die Zeiten draußen sind, desto größer wird dieser Wunsch, Frieden zu empfinden, Frieden zu leben. Das wird einfach immer wichtiger.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.

Das Friedenslicht aus Bethlehem

Im Jahr 1986 entstand im oberösterreichischen Landesstudio des Österreichischen Rundfunks (ORF) die Idee, die mittlerweile eine Lichtspur durch ganz Europa gezogen hat: Ein Licht aus Betlehem soll als Botschafter des Friedens durch die Länder reisen und die Geburt Jesu verkünden.

Friedenslicht aus Bethlehem im Deutschen Bundestag / © Bernd von Jutrczenka (dpa)
Friedenslicht aus Bethlehem im Deutschen Bundestag / © Bernd von Jutrczenka ( dpa )
Quelle:
DR